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Der im 9. Kapitel des SGB XII geregelte Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII ist nicht ausgeschlossen, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bezogen werden
Landessozialgericht Sachsen-Anhalt,Beschluss vom
18.07.2012,- L 2 AS 33/12 B -
Denn nach § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII sind für
Leistungsberechtigte nach dem SGB II nur Leistungen nach dem Dritten Kapitel
des SGB XII ausgeschlossen.
Nach § 74 SGB XII werden die Bestattungskosten
übernommen, wenn die Kostentragung den Verpflichteten nicht zugemutet werden
kann. Die Klägerin als Ehefrau und Erbin (gemeinsam mit ihren Kindern) ihres
verstorbenen Ehemanns war Verpflichtete im Sinne der Vorschrift. Sie selbst war
auch nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen höchstwahrscheinlich
nicht alleine zur Kostentragung in der Lage.
Zur Beurteilung der Frage, in welchem Umfang die
Kinder des Verstorbenen sich als Erben zu beteiligten gehabt hätten, wäre eine
weitere Sachaufklärung geboten gewesen. Denn für die Zumutbarkeit der
Kostentragung kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei neben den
finanziellen Auswirkungen auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zum
Verstorbenen zu berücksichtigen sind (Berlit in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 74
Rdn. 7).
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=153542
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/07/der-im-9-kapitel-des-sgb-xii-geregelte.html
Willi S
18.07.2012,- L 2 AS 33/12 B -
Denn nach § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII sind für
Leistungsberechtigte nach dem SGB II nur Leistungen nach dem Dritten Kapitel
des SGB XII ausgeschlossen.
Nach § 74 SGB XII werden die Bestattungskosten
übernommen, wenn die Kostentragung den Verpflichteten nicht zugemutet werden
kann. Die Klägerin als Ehefrau und Erbin (gemeinsam mit ihren Kindern) ihres
verstorbenen Ehemanns war Verpflichtete im Sinne der Vorschrift. Sie selbst war
auch nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen höchstwahrscheinlich
nicht alleine zur Kostentragung in der Lage.
Zur Beurteilung der Frage, in welchem Umfang die
Kinder des Verstorbenen sich als Erben zu beteiligten gehabt hätten, wäre eine
weitere Sachaufklärung geboten gewesen. Denn für die Zumutbarkeit der
Kostentragung kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei neben den
finanziellen Auswirkungen auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zum
Verstorbenen zu berücksichtigen sind (Berlit in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 74
Rdn. 7).
1. Instanz | Sozialgericht Halle (Saale) | S 16 AS 5922/10 | 29.11.2011 |
2. Instanz | Landessozialgericht Sachsen-Anhalt | L 2 AS 33/12 B | 18.07.2012 rechtskräftig |
3. Instanz | |||
Sachgebiet | Grundsicherung für Arbeitsuchende | ||
Entscheidung | Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 29. November 2011 wird aufgehoben und der Klägerin wird rückwirkend für das vor dem Sozialgericht Halle geführte Klageverfahren S 16 AS 5922/10 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin Zahn bewilligt. Kosten dieses Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Gründe: I. Die Klägerin wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein ehemals beim Sozialgericht Halle (SG) anhängiges, mittlerweile beendetes Klageverfahren. Die am ... 1949 geborene Klägerin und ihr Ehemann lebten zusammen in einem Haushalt und bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Am 2. Juli 2010 verstarb der Ehemann der Klägerin. Die Klägerin stellte bei dem zuständigen Träger der Grundsicherungsleistungen, der ARGE SGB II B. (ARGE), deren Rechtsnachfolger der Beklagte ist, mit Schreiben vom 12. Juli 2010 einen Antrag auf eine Beihilfe für die Aufwendungen zur Urnenbestattung ihres verstorbenen Ehemannes. Beigefügt war eine Kostenaufstellung, wonach sich die Kosten auf insgesamt 2.459,92 EUR beliefen. Die Klägerin war damals noch nicht anwaltlich vertreten. Sie führte in dem Antragsschreiben aus, sie sei nicht in der Lage, die Kosten alleine zu tragen und bitte um Unterstützung. Die ARGE lehnte den Antrag mit Bescheid vom 3. August 2010 ab und verwies dabei darauf, dass die Regelleistung nach dem SGB II pauschaliert nach festen Sätzen erfolge. Hiergegen erhob die Klägerin, nunmehr anwaltlich vertreten, mit Schreiben vom 24. August 2010 Widerspruch. Dabei verwiesen die Anwälte der Klägerin auf § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII). Die ARGE wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2010 als unbegründet zurück und führte aus, im Falle der Klägerin liege kein zu übernehmender zusätzlicher Mehrbedarf vor. Die Klägerin hat gegen den ihren Bevollmächtigten am 8. September 2010 zugestellten Widerspruchsbescheid am 7. Oktober 2010 Klage beim SG erhoben. Am 8. Oktober 2010 hat die Klägerin unter Beifügung einer ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse den Antrag gestellt, ihr PKH für das Klageverfahren zu bewilligen. Mit einem Schreiben vom 24. November 2010 teilte die beim SG zuständige Kammervorsitzende der ARGE mit: Das bisherige Verwaltungsverfahren sei nicht gesetzeskonform abgelaufen. Die ARGE hätte den Antrag der Klägerin entweder an den Sozialhilfeträger weiterleiten oder aber darüber selbst entscheiden und dann einen Erstattungsanspruch geltend machen sollen. Es werde angefragt, ob eine Bewilligung in Betracht komme. Daraufhin antwortete der mittlerweile zuständige Beklagte mit Schreiben vom 27. Januar 2011, eine Übernahme der Bestattungskosten durch ihn komme nicht in Betracht; der Anspruch ergebe sich aus dem SGB XII. Nunmehr wandte sich die Kammervorsitzende mit Schreiben vom 9. Februar 2011 an den Landkreis B. als den zuständigen Sozialhilfeträger und fragte an, ob von dort die Bestattungskosten übernommen werden könnten, ohne dass eine Beiladung erfolgen müsse. Der Sozialhilfeträger leitete sodann ein Verwaltungsverfahren ein und lud die Klägerin zu einem Gespräch am 3. März 2011 ein. Mit Schreiben vom 29. März 2011 teilte der Landrat des B. der Kammervorsitzenden mit, die Klägerin habe im Laufe des Gespräches erklärt, die Übernahme der Bestattungskosten nicht mehr beantragen zu wollen, um zu verhindern, dass ggf. ihre Kinder für eine Erstattung herangezogen würden. Hierzu nahmen die Klägerin bzw. ihre Bevollmächtigen keine Stellung. Mit einem Schreiben vom 18. Juli 2011 wies die Kammervorsitzende die Prozessbevollmächtigen der Klägerin darauf hin, dass die Klage als zurückgenommen gelte, wenn nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten dargelegt werde, warum noch ein Rechtsschutzbedürfnis für das Weiterbetreiben des Verfahrens bestehe. Am 29. November 2011 stellte die Kammervorsitzende dann die Erledigung des Verfahrens fest und wies mit Beschluss vom 29. November 2011 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurück, nach der Rücknahme der Klage lägen keine hinreichenden Erfolgsaussichten mehr vor. Gegen den am 6. Dezember 2011 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin für diese Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass die Klägerin sich später entschlossen habe, den Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten nicht weiter zu verfolgen, ändere nichts daran, dass die Klage ursprünglich Erfolgsaussichten gehabt habe. Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 29. November 2011 aufzuheben und ihr rückwirkend für das vor dem Sozialgericht Halle geführte Klageverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung der sachbearbeitenden Rechtsanwältin Zahn zu bewilligen. Der Beklagte hat sich in diesem Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten nebst PKH-Heft und auf die beigezogen Verwaltungsakten Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Zur Unzulässigkeit der Beschwerde führende gesetzliche Ausschlussgründe greifen nicht ein. Insbesondere ist § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht einschlägig, weil der im Ergebnis mit der Klage begehrte Zuschussbetrag über der für die Zulässigkeit einer Berufung in der Hauptsache erforderlichen Beschwer von 750,00 EUR liegt. Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Unrecht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des SGG in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einer Klage einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG], vom 13. März 1990 – 2 BvR 94/88 – hier zitiert nach juris, veröffentlich in NJW 1991, S 413). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussichten ist zwar grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, auch des Beschwerdegerichts. Es ist aber geboten, auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags abzustellen, wenn sich die Entscheidung des Gerichts über den Antrag verzögert hat und in der Verzögerungszeit Änderungen zum Nachteil der Antragstellerin oder des Antragstellers eingetreten sind. In solchen Fällen kann dann PKH auch noch nach Erledigung des Verfahrens zu bewilligen sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leiterher, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 73 a Rdn. 7d und 11a mit weiteren Nachweisen). Dies bedeutet, dass eine Zurückverlagerung des Zeitpunkts für die Beurteilung der Erfolgsaussichten auf den Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Entscheidungsreife des Antrags auf PKH gegeben war. Weil für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe neben den Erfolgsaussichten nach § 114 ZPO auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller zu beurteilen sind, kann Entscheidungsreife in diesen Sinne erst dann gegeben sein, wenn die vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegt und die dort gemachten Angaben hinreichend glaubhaft gemacht worden sind. In konkreten Fall lagen die Klageerhebung mit einer Begründung beim SG am 7. Oktober 2010 und der vollständige PKH-Antrag mit Nachweisen am 8. Oktober 2010 vor, so dass grundsätzlich die Entscheidungsreife ab diesen Zeitpunkt vorlag, spätestens aber ab dem Eingang der beigezogenen Verwaltungsakten am 23. November 2010. Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags lagen auch hinreichende Erfolgsaussichten für die Klage vor. Es sprach deutlich mehr dafür als dagegen, dass die Klägerin einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII gegen den notwendig nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladenden Sozialhilfeträger hatte. Die andere, mehr an pragmatischen Gesichtspunkten orientierte Vorgehensweise des SG kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Auch dass die Klägerin den Antrag auf Kostenübernahme nach der Vorsprache beim Sozialhilfeträger am 3. März 2011 nicht weiterverfolgt hat, indiziert hier nicht die Erfolglosigkeit des Klagebegehrens. Der im 9. Kapitel des SGB XII geregelte Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII ist nicht ausgeschlossen, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bezogen werden. Denn nach § 5 Abs. 2 SGB II, § 21 SGB XII sind für Leistungsberechtigte nach dem SGB II nur Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausgeschlossen. Nach § 74 SGB XII werden die Bestattungskosten übernommen, wenn die Kostentragung den Verpflichteten nicht zugemutet werden kann. Die Klägerin als Ehefrau und Erbin (gemeinsam mit ihren Kindern) ihres verstorbenen Ehemanns war Verpflichtete im Sinne der Vorschrift. Sie selbst war auch nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen höchstwahrscheinlich nicht alleine zur Kostentragung in der Lage. Zur Beurteilung der Frage, in welchem Umfang die Kinder des Verstorbenen sich als Erben zu beteiligten gehabt hätten, wäre eine weitere Sachaufklärung geboten gewesen. Denn für die Zumutbarkeit der Kostentragung kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei neben den finanziellen Auswirkungen auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zum Verstorbenen zu berücksichtigen sind (Berlit in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 74 Rdn. 7). Die Klägerin ist nach ihren persönlich und wirtschaftlichen Verhältnissen auch nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung ganz oder zum Teil zu tragen oder Raten aufzubringen. Hierbei kommt es auf die wirtschaftlichen Verhältnisses zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an. Die Klägerin bezieht derzeit Rentenleistungen (eine eigene Altersrente und eine Witwenrente) in einer Gesamthöhe von monatlich 885,10 EUR. Abzusetzen ist der Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 a ZPO in Höhe von 411,00 DM. Wohnungskosten sind mit insgesamt monatlich 403,44 EUR zu berücksichtigen. Weiter fallen entsprechend § 82 Abs. 2 SGB XII abzusetzende Versicherungsbeiträge mit monatlich 41,18 EUR an und als besondere Belastung ist eine monatliche Rate von 100,00 DM aus der Finanzierung eines Autokaufes im Juni des Jahres 2010 zu berücksichtigen. Danach verbleibt kein einzusetzendes Einkommen. Das Vorliegen einzusetzenden Vermögens hat die Klägerin glaubhaft verneint. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 202 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO. Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar. gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Pietzsch |
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Willi S
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