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EGV-VA niemals Nötigung immer durch das Jobcenter

: Entziehung/Versagungsbescheid

Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts zu Hartz IV vom heutigem Tage - Zinsen aus Schmerzensgeld werden bei Hartz IV - Leistungen angerechnet

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Beitrag von Willi Schartema Mi 22 Aug 2012 - 15:44

BSG, Urteil vom 22.08.2012,- B 14 AS 103/11 R -

Kassel
(dpa) Zinsen aus angelegtem Schmerzensgeld werden auf Hartz IV
angerechnet. Das hat am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel
entschieden. Solche Zinsen seien zu Recht als Einkommen anrechenbar,
sagte der Vorsitzende Richter.



http://www.moz.de/nachrichten/deutschland/artikel-ansicht/dg/0/1/1034528/


Anmerkung von Willi 2:



Damit
ist das Bundessozialgericht nicht der Auffassung der Vorinstanz
gefolgt, wonach Zinsen aus Schmerzensgeld bei Bezug von Leistungen nach
dem SGB II (Hartz IV) geschützt bleiben, denn zwischen dem
Schmerzensgeld selbst und den aus ihm erzielten Zinsen besteht ein
untrennbarer Zusammenhang



Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil vom 21.03.2011, - L 20 AS 22/09 -





Urteil




1. InstanzSozialgericht Aachen S 23 AS 2/08 03.02.2009

2. InstanzLandessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 20 AS 22/09 21.03.2011

3. InstanzBundessozialgericht B 14 AS 103/11 R

SachgebietGrundsicherung für Arbeitsuchende EntscheidungDie Berufung des
Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 03.02.2009
wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen
außergerichtlichen Kosten der Kläger. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid,
mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung
für Arbeitsuchende (SGB II) wegen des Zuflusses von Zinseinkünften aus
angelegten Schmerzensgeldzahlungen teilweise aufgehoben und von ihnen
die Erstattung überzahlter Leistungen gefordert hat.

Die am 00.00.1967 geborene, erwerbsfähige Klägerin zu 1) ist die Mutter
des am 00.00.1989 geborenen Klägers zu 3) und des am 00.00.1991
geborenen Klägers zu 4). Die Klägerin ist mit dem am 00.00.1968
geborenen, erwerbsfähigen Kläger zu 2), dem Stiefvater der Kläger zu 3)
und 4) verheiratet. Der Kindesvater leistete keinen Unterhalt.

Die Kläger wohnen zur Miete in einem 1972 fertiggestellten Haus mit
einer Wohnfläche von 120 m². Die Miete beträgt 660,00 EUR netto-kalt
zuzüglich 100,00 EUR Nebenkosten. Die Heizung wird mit Heizöl betrieben.
Die Warmwasserversorgung im Haus erfolgt über die Heizungsanlage. Das
Haus befindet sich in X. Für diese Gemeinde besteht kein Mietspiegel.
Für die Kinder wurde im streitigen Zeitraum Kindergeld von jeweils
154,00 EUR gezahlt. Der Kläger zu 2) ist selbständig tätig. Ausweislich
der Gewinnermittlung des Klägers zu 2) erzielte er im Jahr 2004 einen
Gewinn von 3.727,02 EUR (= 310,58 EUR pro Monat). Im Jahr 2005 erzielte
er einen monatlichen Gewinn von 318,21 EUR. Der Kläger zu 2) erhielt in
der Zeit vom 19.06.2005 bis 18.06.2006 einen Existenzgründungszuschuss
in Höhe von 360,00 EUR (Bescheid vom 11.07.2006) und ab 19.06.2006 in
Höhe von 240,00 EUR monatlich. Aufgrund des Existenzgründungszuschusses
zahlt der Kläger zu 2) Rentenbeiträge in Höhe von 78,00 EUR monatlich.

Wegen der bei einem Kirmesunfall am 00.09.2002 von den Klägern zu 3) und
4) davongetragenen Verletzungen erhielten diese sowie die Klägerin zu
1) ein Schmerzensgeld in Höhe eines von 132.500,00 EUR auf der Grundlage
eines Abfindungsvergleiches vom 05.10.2004. Die Auszahlung eines
Betrages in Höhe von 102.500,00 EUR (132.500,00 EUR abzüglich eines
zuvor geleisteten Vorschusses von 30.000,00 EUR) erfolgte am 15.10.2004.
Nach Eröffnung entsprechender Aktiendepots legte die Klägerin zu 1)
einen Teilbetrag von jeweils 39.349,75 EUR auf die Namen der Kläger zu
3) und 4) sowie in Höhe eines Betrages von 19.674,88 EUR auf ihren Namen
an.

Hieraus wurden dem Konto der Klägerin zu 1) Zinsen in Höhe von 51,48 EUR
am 12.01.2005 sowie in Höhe von 420,00 EUR am 04.10.2005
gutgeschrieben. Entsprechende Zinsgutschriften erfolgten zugunsten des
Kontos des Klägers zu 3) am 04.10.2005 in Höhe von 1.200,00 EUR und am
22.12.2005 in Höhe von 214,52 EUR sowie zugunsten des Kontos des Klägers
zu 4) am 04.10.2005 in Höhe von 1.200,00 EUR sowie am 22.12.2005 in
Höhe von 286,03 EUR.

Aufgrund eines (Erst-) Antrags vom 22.12.2004 bezogen die Kläger seit
dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II. Die Rechtsvorgängerin des
Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) bewilligte der
Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 10.01.2005 für den Monat Januar
2005 Gesamtleistungen von 764,60 EUR, für den Monat Februar 2005 von
1.170,10 EUR, für die Monate März bis Mai 2005 von 1.221,10 EUR und für
den Monat Juni 2005 von 1.385,27 EUR. Mit Bescheid vom 05.08.2005
bewilligte der Beklagte für den Zeitraum 01.09.2005 bis 28.02.2006
monatliche Leistungen in Höhe von 1.333,66 EUR. Den Bescheid vom
05.08.2005 änderte er mit Bescheid vom 18.08.2005 wegen eines "Wegfalls
der Versicherungspauschale" ab und gewährte für den gesamten
Bewilligungszeitraum monatliche Leistungen von 1.363,66 EUR. Mit
Bescheid vom 01.03.2006 gewährte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft
für die Monate März bis Mai 2006 Leistungen in Höhe von 825,00 EUR, für
den Monat Juni 2006 Leistungen in Höhe von 949,20 EUR und für die Monate
Juli und August 2006 in Höhe von 1.165,20 EUR. Mit (vorläufigem)
Änderungsbescheid vom 12.06.2006 berechnete der Beklagte die Leistungen
für den Zeitraum Juli und August 2006 unter Berücksichtigung gekürzter
Kosten der Unterkunft und Heizung neu und bewilligte den Klägern
Leistungen in Höhe von monatlich 965,51 EUR. Mit Änderungsbescheid vom
21.08.2006 berechnete der Beklagte die Leistungen für den
Bewilligungszeitraum März 2006 bis August 2006 wegen geänderten
Einkommens des Klägers zu 2) neu. Nunmehr bewilligte er für die Monate
März bis Mai 2006 Leistungen in Höhe von 887,45 EUR, für den Monat Juni
2006 in Höhe von 935,45 EUR und für die Monate Juli und August 2006 in
Höhe von 979,45 EUR. Ein wegen des Bewilligungszeitraumes März 2006 bis
August 2006 geführtes weiteres Berufungsverfahren (L 20 AS 35/08) ist
durch gerichtlichen Vergleich vom 14.01.2010 beendet worden.

Auf Grund eines Datenabgleichs erlangte die Beklagte im Oktober 2006
Kenntnis von den Zinseinkünften der Kläger. Die Kläger teilten auf
Befragen mit, sie hätten von den Zinseinkünften Kosten für Heizung und
Strom getragen. Nach Auswertung der in diesem Zusammenhang angeforderten
Unterlagen hob der Beklagte mit einem an die Klägerin zu 1)
adressierten Bescheid vom 10.01.2007 die Leistungsbewilligung für die
Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 in Höhe eines Betrages von 1.926,35
EUR teilweise auf. Gleichzeitig setzte sie die zu erstattenden
Leistungen auf einen Betrag in Höhe von 1.926,35 EUR (dabei wurde der
Betrag wie folgt erklärt: überzahlte Regelleistung in Höhe von 991,87
EUR zzgl. Sozialgeld in Höhe von 244,00 EUR und Kosten der Unterkunft
und Heizung in Höhe von 690,48 EUR) fest. Eine weitere Aufschlüsselung
nach den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft erfolgte nicht.
Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei Einkommen erzielt worden, das
zum Wegfall oder zur Minderung des Leistungsanspruchs geführt habe. Es
erfolge eine Aufrechnung in Höhe einer monatlichen Rate von 435,00 EUR
gegen die laufenden Leistungen. Bei der Entscheidung habe er von dem ihm
eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs führte die
Klägerin zu 1) aus, sie habe keine Leistungen zu Unrecht erhalten. Die
Zinseinkünfte seien vielmehr zur Deckung der Heizkosten, welche der
Beklagte nicht berücksichtigt habe, verwendet worden.

Mit Schreiben vom 30.10.2007 hörte der Beklagte die nunmehr jeweils als
Adressaten benannten Kläger "nachträglich" zu dem Bescheid vom
10.02.2007 an sowie zu einer weitergehenden Aufhebung und Rückforderung.
Dabei wurde bereits im Anhörungsschreiben für jeden der Kläger
gesondert dargestellt, in welchem Umfang jeweils eine Aufhebung und
Rückforderung beabsichtigt sei. Der jeweilige Betrag wurde ausgeworfen.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Anhörungsschreiben vom 30.10.2007
verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2007, zugestellt am 06.12.2007, nahm
der Beklagte den Bescheid vom 23.11.2007 insoweit gemäß § 45
Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und
Sozialdatenschutz (SGB X) zurück, als nur ein Betrag von 1.926,35 EUR
geltend gemacht worden sei. Er hob den Bescheid vom 10.01.2005 für
Januar 2005 auf der Grundlage von § 45
SGB X, vom 05.08.2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom
18.08.2005 für Oktober 2005 bis Februar 2006 auf der Grundlage von § 48
SGB X sowie den Bescheid vom 01.03.2006 in der Gestalt des
Änderungsbescheides vom 21.08.2006 und des Widerspruchsbescheides vom
23.08.2006 wiederum auf der Grundlage von § 45
SGB X für März 2006 bis Mai 2006 teilweise auf und setzte den von der
Klägerin zu 1) zu erstattenden Betrag auf 244,96 EUR, für den Kläger zu
2) auf 244,95 EUR, für den Kläger zu 3) auf 1.519,38 EUR sowie für den
Kläger zu 4) auf 1.333,02 EUR, insgesamt auf einen Betrag in Höhe von
3.342,31 EUR fest. Im Übrigen wies er den Widerspruch mit der Begründung
zurück, die der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 3) und 4)
zugeflossenen Zinseinkünfte seien als einmaliges Einkommen im Rahmen der
Bedarfsberechnung zu berücksichtigen und auf einen angemessenen
Zeitraum - von sechs Monaten - zu verteilen. Wegen der Einzelheiten der
Berechnung wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Hiergegen haben die Kläger am 07.01.2008, einem Montag, Klage beim
Sozialgericht Aachen erhoben. Zu deren Begründung haben die Kläger
ausgeführt, die Zinseinkünfte seien aus dem anlässlich des Unfalls
gezahlten Schmerzensgeld zugeflossen und daher weder als Einkommen noch
als Vermögen bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Der Kläger zu 4) sei
schwerbehindert und müsse eine kostenpflichtige Privatschule besuchen.
An die Heinrich-Corsten-Schule in Simmerath sei am 04.12.2006 ein Betrag
von 3.682,38 EUR gezahlt worden.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid vom 10.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er in Ergänzung der angefochtenen Bescheide
ausgeführt, die Zinseinkünfte seien als Einkommen zu berücksichtigen.
Diese seien insbesondere nicht durch die Vorschrift des § 11 Abs. 3 SGB II geschützt. Aufwendungen für eine Privatschule könnten nicht berücksichtigt werden.

Mit Urteil vom 03.02.2007 hat das Sozialgericht Aachen die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt:

"Nach § 11
Abs. 1 SGB II sind Einkommen grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder
Geldeswert. Ausgenommen sind kraft Gesetzes jedoch die in § 11 Abs. 1 SGB II sowie in § 11
Abs. 3 SGB II und § 1 Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur
Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld
Il/Sozialgeld (Alg ll-V) genannten Leistungen und Zuflüsse. Demgegenüber
sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu
berücksichtigen (§ 12
Abs. 1 SGB II). Da das Gesetz eine weitergehende Definition der
Begriffe Einkommen und Vermögen nicht enthält, erfolgt die Abgrenzung
nach der bereits zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entwickelten sog.
Zuflusstheorie (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.03.2006, Az.: L 20 B 72/06 AS,
www.sozialgerichtsbarkeit.de; Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2.
Aufl. 2008, § 11 Rn. 21 m.w.N.; zum BSHG: BVerwG, Urteil vom 18.02.1999,
Az.: 5 C 35/97, www.juris.de; Urteil vom 19.02.2001, Az.: 5 C 4/00,
www.juris.de). Danach ist Einkommen alles, was dem
Leistungsberechtigten während eines Bedarfszeitraums zufließt.
Demgegenüber ist als Vermögen im Sinne eines Bestandes von Sachen und
Rechten alles anzusehen, was der Hilfebedürftige bei Beginn des
Leistungsbezuges bereits hat oder was er nach Beginn des Leistungsbezugs
aus der Verwertung eines Vermögensgegenstandes erhält (BVerwG, Urteil
vom 18.02.1999, a.a.O.).
Eine ähnliche Abgrenzung nimmt auch das BSG im Arbeitsförderungsrecht
vor, indem es als Einkommen all das ansieht, was zufließt, während als
Vermögen ein Bestand von Sachen und Rechten (mit Geld oder Geldeswert)
in der Hand des Berechtigten anzusehen ist (BSG, Urteil vom 11.02.1976,
Az.: 7 RAr 159/74, BSGE 41, 187 ff., 188; Urteil vom 20.06.1978, Az.: 7 RAr 47/77,
SozR 4100 § 138 Nr. 3). Dieser Differenzierung ist auch für den
Anwendungsbereich des SGB II zu folgen. Entscheidend ist somit einzig,
ob der Wert bereits vor Leistungsbezug vorhanden war - dann ist dieser
als Vermögen einzuordnen - oder ob er erst während des Leistungsbezugs
erlangt worden ist, dann handelt es sich um Einkommen (BSG, Urteil vom
30.09.2008, Az.: B 4 AS 29/07 R, www.bundessozialgericht.de m.w.N.; LSG NRW, Urteil vom 20.08.2007, Az.: L 20 AS 99/06).
Da die Schmerzensgeldforderung spätestens im Oktober 2004 und damit vor
erstmaliger Beantragung der Leistungen der Klägerin zu 1) und den
Klägern zu 3) und 4) zugeflossen ist, handelt es sich hierbei, soweit
diese bei Beginn des Leistungsbezugs noch vorhanden ist, nach der
Zuflusstheorie um Vermögen. Demgegenüber sind die aus der
Schmerzensgeldforderung nach erstmaliger Antragstellung erzielten Zinsen
grundsätzlich als Einkommen im Sinne des § 11
SGB II einzuordnen und teilen damit im Ergebnis grundsätzlich nicht das
rechtliche Schicksal des Vermögens (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008,
Az.: B 4 AS 57/07 R, Rn. 17 f., www.bundessozialgericht.de).

Soweit danach während des Leistungsbezugs ausgezahlte Zinsen
grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen sind, ist deren
Berücksichtigung im Falle von Zinseinkünften aus Schmerzensgeld dennoch
ausgeschlossen. Dies folgt zwar nicht bereits aus § 13
Abs. 1 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 1 Nr. 1 ALG ll-V, da die der
Klägerin zu 1) im Januar 2005 zugeflossenen Zinseinkünfte in Höhe von
51,78 EUR bereits für sich genommen einen Betrag von 50,00 EUR im
Kalenderjahr übersteigen. Zinsen aus Schmerzensgeld werden jedoch durch
die Regelung des § 11
Abs. 3. Nr. 2 SGB II geschützt. Hiernach sind als Einkommen solche
Entschädigungen nicht zu berücksichtigen, die wegen eines Schadens, der
nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geleistet werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dem steht nicht entgegen, dass § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II seinem Wortlaut nach nur die Entschädigung selbst,
also das der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 3) und 4) im Oktober 2004
zugeflossene Schmerzensgeld, nennt. Die Regelung ist jedoch dahingehend
auszulegen, dass auch die aus der Entschädigung gezogenen Früchte, so
insbesondere Kapitalzinsen, von der Berücksichtigung als Einkommen
ausgeschlossen sind. Dies folgt insbesondere aus dem Zweck des gewährten
Schmerzensgeldes selbst sowie den damit untrennbar verbundenen
rechtlichen Folgen im Rahmen der Berücksichtigung des Schmerzensgeldes
als Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 11 und 12 SGB II.

Das Schmerzensgeld dient dem Zweck, einen angemessenen Ausgleich für
einen erlittenen immateriellen Schaden sowie eine Genugtuung für das
erlittene Unrecht zu gewähren. Da dieser Ausgleich gerade nicht von den
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende erfasst wird und der
Zweck des Schmerzensgeldes als solcher im Falle einer Berücksichtigung
vereitelt würde, ist ein gezahltes Schmerzensgeld selbst im Rahmen der
§§ 11, 12 SGB II umfassend geschützt. Handelt es sich hierbei um Einkommen, folgt der Schutz bereits aus § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II. Soweit demgegenüber eine Berücksichtigung als Vermögen in Betracht kommt, enthält zwar § 12 SGB II eine dem § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II entsprechende ausdrückliche Regelung nicht. Die
Verwertung des Vermögens aus einer Schmerzensgeldzahlung stellt jedoch
eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II dar, welche zur Unverwertbarkeit dieses Vermögens führt (BSG, Urteil vom 15.04.2008, Az.: B 14/7b AS 6/07 R, Rz. 16, www.bundessozialgericht.de; Bayerisches LSG, Urteil vom 31.08.2006, Az.: L 7 AS 3/06, www.sozialgerichtsbarkeit.de; zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG): BVerwG, Urteil vom 18.05.1995, Az.: 5 C 22/93, NJW 1995, S. 3001).
Hierfür spricht neben dem Zweck des Schmerzensgeldes insbesondere, dass
anderenfalls ein Schmerzensgeld, welches im Monat seines Zuflusses als
Einkommen nicht zu berücksichtigen wäre, ab dem Folgemonat gleichwohl
der vollen Verwertung als Vermögen unterliegen würde. Dies würde jedoch
dem Schutzgedanken des § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II und dem bereits dargelegten Zweck des
Schmerzensgeldes widersprechen (Bayerisches LSG, Urteil vom 31.08.2006, a.a.O.)
Dabei ist der sich aus den gesetzlichen Vorschriften ergebende Schutz
nicht auf bestimmte Vermögensteile oder Freibeträge beschränkt. Vielmehr
greift ein umfassender Schutz ein mit der Folge, dass das
Schmerzensgeld jeweils in seiner gesamten noch vorhandenen Höhe nicht zu
berücksichtigen ist (BSG, Urteil vom 15.04.2008, a.a.O.,
Rz. 19), wobei eine Unterscheidung zwischen Entschädigungsleistung und
vor Leistungsbezug zugeflossenen Zinsen nicht zu erfolgen hat. Hierfür
spricht, dass sich die Höhe der Entschädigung allein nach der Schwere
der Schädigung und dem Gewicht des erlittenen Unrechts bestimmt mit der
Folge, dass eine Beschränkung der freien Verfügbarkeit nicht
gerechtfertigt ist (BVerwG, Urteil vom 18.05.1995, a.a.O.; VG Münster, Urteil vom 07.03.2006, Az.: 5 K 2547/04,
www.beck-online.de). Unerheblich ist daher insbesondere, ob das
Schmerzensgeld zeitnah zugeflossen ist oder der Betroffene dieses über
einen längeren Zeitraum nicht verbraucht hat, da es grundsätzlich der
Dispositionsfreiheit des Geschädigten obliegt, wie er mit den zum
Ausgleich immaterieller Schäden gezahlten Beträgen umgeht (BSG, Urteil
vom 15.04.2008, a.a.O., Rz. 19).

Ist jedoch das Schmerzensgeld im Zeitpunkt seines Zuflusses als Einkommen unmittelbar durch § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II geschützt und setzt sich dieser Schutz im Rahmen
der Prüfung der Verwertbarkeit des aus diesem Zufluss folgenden
Vermögens fort, so sind auch die aus dem Schmerzensgeld gewonnenen
Früchte in diesen Schutz mit einzubeziehen (VG Münster, Urteil vom
07.03.2006, a.a.O.).
Das Schmerzensgeld kann grundsätzlich nicht losgelöst von den hieraus
gezogenen Zinsen gesehen werden. Dem steht nicht entgegen, dass
grundsätzlich auch Zinseinkünfte aus Schonvermögen im Sinne des § 12 Abs. 3 SGB II zu berücksichtigende Einnahmen im Sinne des § 11 SGB II sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 30.09.2008, a.a.O.).
Vielmehr besteht zwischen dem erworbenen Kapital und den hieraus
gezogenen Zinsen ein untrennbarer Zusammenhang, welcher den Schutz
dieser Einnahmen rechtfertigt. In diesem Zusammenhang ist zu
berücksichtigen, dass eine Entschädigung nach § 253
Abs. 2 BGB grundsätzlich sowohl als Festbetrag als auch als laufende
Rentenleistung gezahlt werden kann. Dabei ist ungeachtet der
Auszahlungsvariante unter Ausübung eines entsprechenden
Schätzungsermessens die Entschädigung der Höhe nach so zu bestimmen,
dass diese ihre Funktion als "billiger" Schadensausgleich erfüllen kann
(BGH, Urteil 15.05.2007, Az.: VI ZR 150/06,
Rz. 9, www.juris.de). Erfolgt die Auszahlung einer Entschädigung als
Rente, so ist der monatliche Zahlbetrag ausgehend von einem festen
Kapitalbetrag unter Berücksichtigung einer angemessenen Verzinsung
dieses Betrages auf der Grundlage der voraussichtlichen Lebenserwartung
des Geschädigten sowie entsprechender Kapitalisierungstabellen zu
errechnen. Auf diese Weise wird die fehlende Möglichkeit des
Geschädigten, den Entschädigungsbetrag gewinnbringend anzulegen,
ausgeglichen. Dadurch wird zugleich eine Benachteiligung gegenüber
denjenigen Geschädigten vermieden, die wegen der Auszahlung des
Festbetrages gerade die Möglichkeit zur Anlage haben (BGH, Urteil vom
15.05.2007, a.a.O.,
Rz. 15). Nicht unberücksichtigt bleiben kann in diesem Zusammenhang
auch, dass ein Geschädigter bei Gewährung einer entsprechenden
Rentenzahlung, anders als bei Zahlung des Festbetrages, grundsätzlich
die Möglichkeit hat, eine Anpassung der Rentenhöhe durch Erhebung einer
Abänderungsklage nach § 323
Zivilprozessordnung (ZPO) zu erreichen. Diese ist zwar an strenge
Voraussetzungen gebunden, jedoch auch bei einer Änderung der
Lebenshaltungskosten nicht von vornherein ausgeschlossen (BGH, Urteil
vom 15.05.2007, a.a.O.,
Rz. 11). Demgegenüber trägt das Risiko geänderter Verhältnisse im Falle
der Zahlung eines Festbetrages der Geschädigte, der zum Ausgleich auf
die Möglichkeit der gewinnbringenden Anlage angewiesen ist (VG
Karlsruhe, Urteil vom 17.01.2006, Az.: 5 K 4146/04,
www.beck-online.de). Der Bedeutung der Zinsen im Rahmen der Bestimmung
der angemessenen Entschädigungsleistung würde jedoch nicht in
hinreichendem Umfang Rechnung getragen, wenn diese als Bestandteil einer
monatlichen Rentenzahlung bereits nach § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II unberücksichtigt blieben, demgegenüber aber bei
selbständiger Auszahlung nach Gewährung eines Festbetrages als Einkommen
anzurechnen wären."

Gegen das dem Beklagten am 09.03.2009 zugestellte Urteil richtet sich
dessen Berufung vom 06.04.2009. Er führt aus: Zwar sei das
Schmerzensgeld selbst unstreitig als Vermögen gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II geschützt. Auch bei einem Zufluss während des Leistungsbezuges wäre es als Einkommen wegen § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II geschützt gewesen. Bei den Zinseinkünften handele
es sich um Einkünfte, was auch das Sozialgericht anerkenne. Jedoch
bestehe entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kein untrennbarer
Zusammenhang zwischen dem Schmerzensgeld und den daraus erwirtschafteten
Einkünften. Der Zweck des Schmerzensgelds sei mit Zahlung einer
"billigen" Summe im Sinne des § 253
BGB erfüllt. Der Geschädigte habe keinen Anspruch darauf, erst einen
angemessenen Ausgleich für die erlittenen Schäden zu erwirtschaften. Der
Vergleich mit einer Entschädigung durch laufende Rentenzahlung gehe
fehl.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 03.02.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten an ihrer Auffassung fest, dass auch Zinsen aus
Schmerzensgeldzahlungen im Rahmen der Leistungsbewilligung nach dem SGB
II nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien, und mithin die
angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beteiligten haben überdies in der mündlichen Verhandlung vom
21.03.2011 übereinstimmend erklärt, dass hinsichtlich der
Leistungsbewilligung in den Jahren 2005 und 2006 kein Streit mehr
hinsichtlich der Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung und
hinsichtlich der Anrechnung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit
bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der Prozessakte, der Vorprozessakte L 20 AS 35/08 sowie des
beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein wird.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Beklagten ist statthaft (§§ 143 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig.

Insbesondere ist das beklagte Jobcenter gemäß § 70
Nr. 1 SGG kraft Gesetzes mit Wirkung vom 01.01.2011 als
(teil-)rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis
beteiligtenfähig. Gemäß § 76
Abs. 3 Satz 1 SGB II ist das Jobcenter an die Stelle der bisher
beklagten Arbeitsgemeinschaft (ARGE) getreten. Auch im
Berufungsverfahren begründet der kraft Gesetzes eingetretene
Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB
II keine unzulässige Klageänderung. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen
die Vorschrift des § 44b SGB II i. d. F. des Gesetzes vom 03.08.2010 (BGBl. I 1112) bestehen nicht (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 90/10 R).

Das Passivrubrum ist entsprechend von Amts wegen zu berichtigen gewesen.

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

1. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 10.01.2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007, mit dem der Beklagte die
Leistungsbewilligungen an die Kläger mit Bescheiden vom 10.01.2005, vom
05.08.2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 18.08.2005 sowie
vom 01.03.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 21.08.2006 und
des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2006 wegen des Zuflusses von
Zinseinkünften geändert und die Kläger zur Erstattung eines Betrages von
3.342,31 EUR aufgefordert hat.

2. Das Sozialgericht hat der insoweit statthaften (§ 54
Abs. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässigen Anfechtungsklage zu Recht
stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Der Bescheid
vom 10.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007
hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand und beschwert die Kläger
daher im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG.

a) Die durch die streitgegenständlichen Bescheide (teilweise) aufgehobenen Leistungsbewilligungen sind nicht gemäß § 48
Abs. 1 Satz 1 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung der rechtlichen
oder tatsächlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden. Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X und § 330
Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitslosenförderung (SGB III)
ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der
Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Erlass des
Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum
Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als
Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt insoweit in Fällen, in
denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum
aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der
Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Der Beginn des Anrechnungszeitraumes einmaliger Einnahmen im SGB II ist nach § 13
SGB II i. V. m. § 2 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V i. d. F. vom 22.8.2005
(BGBl. I 2499) der Beginn des Monats, in dem sie zufließen (vgl. auch
hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 18.01.2011 a. a. O.).

Auch der Betrag von 51,48 EUR wurde dem Konto der Klägerin zu 1) erst am
12.01.2005 und damit evtl. nach Erlass des Bescheides vom 10.01.2005,
gutgeschrieben, so dass auch insoweit die Aufhebung (allenfalls) auf § 48
SGB X gestützt werden könnte. Jedenfalls aber liegen mangels
Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide aufgrund des Zuflusses der
Zinseinkünfte auch die Voraussetzungen für eine (teilweise) Rücknahme
des Bewilligungsbescheides vom 10.01.2005 gemäß § 45 SGB X nicht vor.

b) Grundsätzlich stellen die Zinseinkünfte, die nach Antragstellung zugeflossen sind, auch Einkommen im Sinne des § 11
Abs.1 Satz 1 SGB II dar. Denn danach sind als Einkommen zu
berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der
Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG oder nach den
Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der
Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für
Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis
zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.

Das BSG hat insoweit für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende
zu Recht bereits entscheiden, dass Zinsgutschriften etwa aus
Sparguthaben Einnahmen in Geld und als Einkommen des Hilfebedürftigen zu
berücksichtigen sind, wenn der Zufluss nach Antragstellung erfolgt
(BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R = FEVS 60, 392). Zinseinkünfte aus Schmerzensgeld unterfallen den § 11
Abs. 1 Satz 1 SGB II genannten Ausnahmen nicht. Unproblematisch dürfte
insoweit - eine Ausnahme von der Berücksichtigungsfähigkeit der
Zinseinkünfte als Einkommen unterstellt - auch eine wesentliche Änderung
der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse im Sinne von § 48
Abs. 1 SGB X anzunehmen sein, da die Kläger infolge des
Einkommenszuflusses in die Lage versetzt gewesen wären, einen Teil ihres
Lebensunterhalts in den jeweiligen Bewilligungszeiträumen zu decken.
Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wäre in
Höhe des zu berücksichtigenden Zuflusses entfallen.

Die aus Schmerzensgeld erwirtschafteten Zinseinkünfte sind jedoch gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II als Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253
Abs. 2 BGB geleistet werden, nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Der Senat nimmt insoweit zunächst Bezug auf die zutreffenden
Ausführungen des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Senat schließt sich insoweit der bisher in der Rechtsprechung -
soweit ersichtlich - einhellig und überzeugend vertretenen Auffassung
an, dass zwischen dem Schmerzensgeld selbst und den aus ihm erzielten
Zinsen ein untrennbarer Zusammenhang bestehe (Verwaltungsgericht (VG)
Münster, Urteil vom 07.03.2006 - 5 K 2547/04; Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.04.2006 - L 8 SO 50/05; SG Karlsruhe, Urteil vom 27.01.2010 - S 4 SO 1302/09).

Auch in der (Kommentar-) Literatur wird - soweit diese Problematik
behandelt wird - auf die vorstehend zitierte Rechtsprechung Bezug
genommen (Brühl in: LPK-SGB II, § 11 Rn. 71) bzw. sich - weit
überwiegend - dieser explizit angeschlossen (Hengelhaupt in:
Hauck/Noftz, SGB II, 32. Erg.-Lfg. VI/2010, § 11 Rn. 690; Hohm in:
Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2011, § 82 SGB XII Rn.
22 zu der § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII inhaltlich entsprechenden Regelung des § 83
Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII); ebenso
Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage 2010, § 83 SGB XII
Rn. 16; Schmidt in: jurisPK-SGB XII, § 83 SGB XII Rn. 17; Decker in: Oestreicher, SGB II, SGB XII, § 83
SGB XII Rn. 22; Wolf in: Fichtner/wenzel, SGB XII, 4. Auflage 2009, §
83 SGB XII Rn. 7; a. A. soweit ersichtlich nur Steimer in: Mergler/Zink,
SGB XII, Stand August 2008, § 83 Rn. 34 unter Verweis auf ein Gutachten
des Deutschen Vereins für öffentliche und private Vorsorge vom
23.10.2002 - G 33/02 in: NDV 2003, 35 zu § 847 BGB a. F.).

Höchstrichterliche Rechtsprechung zu der hier streitigen Rechtsfrage
existiert weder für das SGB II noch für das SGB XII. Die auf das Urteil
des LSG Niedersachsen-Bremen (a. a. O.) beim BSG anhängig gemachte
Revision wurde zurückgenommen.

Die in Bezug auf (sonstiges) Schonvermögen bzw. (verwertungs-)
geschütztes Vermögen ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zu den
Regelungen des SGB II bzw. SGB XII wird den die Natur des
Schmerzensgeldes Rechnung tragenden Regelungen des § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II und § 83
Abs. 2 SGB XII nicht gerecht. Das gilt zum einen für die Rechtsprechung
des BSG, wonach Zinsgutschriften aus Sparguthaben bei Zufluss nach
Antragstellung auch dann als Einnahmen in Geld und als Einkommen des
Hilfebedürftigen zu berücksichtigen sind, wenn es sich beim verzinsten
Kapital um Schonvermögen handelt (BSG, Urteil vom 30.09.2008 a. a. O.), zum anderen auch für die Ausführungen des BSG (Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 2/09 R)
im Zusammenhang mit geschütztem Vermögen aus einer Rente der Stiftung
"Hilfswerk für behinderte Kinder" (Verweis auf BVerwG, Urteil vom
13.08.1992 - 5 C 2/88 = FEVS 43, 353).
Soweit der Sozialhilfesenat des BSG in diesem Zusammenhang darauf
abstellt, Zinseinkünfte selbst würden vom Schutzzweck des maßgeblichen
Stiftungsgesetzes nicht erfasst, weil sie auf Leistungen Dritter - der
Bank - und mit diesen abgeschlossenen Rechtsgeschäften beruhten, liegt
zur Überzeugung des Senats von vornherein eine vergleichbare
Fallgestaltung (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.04.2006 a. a. O.)
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat im Zusammenhang
mit der Frage des Einsatzes von aus einer Beschädigtengrundrente
angespartem Vermögen mit Blick auf Gewährung von Eingliederungshilfe für
eine Heimerziehung zuletzt ohnehin ausdrücklich offen gelassen,
inwieweit "Zinseinkünfte aus verwertungsgeschütztem Vermögen ihrerseits
ausnahmsweise von der Anrechnung freizustellen wären" (BVerwG, Urteil
vom 27.05.2010 - 5 C 7/09).

Der Senat ist der Auffassung, dass grundsicherungsrechtlich wie
sozialhilferechtlich (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3.
Auflage 2010, § 83 SGB XII Rn. 16 unter Verweis auf LSG
Niedersachsen-Bremen, a. a. O.; ebenso Schmidt in jurisPK-SGB XII, 1.
Auflage 2010 Stand 01.03.2011, § 83 Rn. 17) die Herkunft der
Zinseinkünfte aus den Schmerzensgeldzahlungen und deren Zweck eine
Auslegung der Vorschrift des § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II im hier vertretenen Sinn geradezu zwingend
erscheinen lassen. Der Wortlaut der Vorschrift steht dem nicht entgegen.
Vielmehr können auch Zinseinkünfte den durch § 11
Abs. 3 Nr. 2 SGB II ausdrücklich privilegierten
Entschädigungszahlungen, die wegen eines Schadens, der nicht
Vermögensschaden ist, nach § 253
Abs. 2 BGB geleistet werden, zugerechnet werden. Nur dieses weite
Verständnis der Vorschrift garantiert, dass die freie Verfügbarkeit des
zum Ausgleich der erlittenen Schädigung erhaltenen Schmerzensgeldes
nicht dessen Zielsetzung widersprechend in unangemessener Weise
eingeschränkt wird (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG, Urteil vom
18.05.1995 a. a. O.).

Hingegen verliert die Argumentation des Beklagten bereits den Zweck der
Schmerzensgeldzahlung aus den Augen, wenn er davon ausgeht, die
Zinszahlung sei nicht Teil der zu gewährenden "billigen Entschädigung"
im Sinne des § 253
Abs. 2 BGB. Diese rein punktuelle Betrachtung (vgl. auch Gutachten des
Deutschen Vereins für öffentliche und private Vorsorge vom 23.10.2002 - G
33/02 in: NDV 2003, 35 zu § 847
BGB a. F.) wird der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des
Schmerzensgeldes (vgl. hierzu etwa zuletzt BVerfG Beschluss vom
16.03.2011 - 1 BvR 591/08
und Oetker in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2003, § 253 Rn.
10 f.) nicht gerecht. Den Hilfebedürftigen muss es dieserhalb vielmehr
möglich sein, auch "die Früchte der Schmerzensgeldzahlung" zu ziehen (so
VG Münster a. a. O.). Insoweit ist die Annahme eines untrennbaren
Zusammenhangs von Schmerzensgeld einerseits und den daraus
erwirtschafteten Zinsen vorgezeichnet.

Die entsprechende Schlussfolgerung erscheint auch deshalb
gerechtfertigt, weil die Form der Auszahlung des Schmerzensgeldes nicht
entscheidend für die Frage der Berücksichtigung der Zinseinkünfte als
Einkommen sein kann (ebenso etwa, Decker a. a. O.). Die Privilegierung
des § 11
Abs. 2 Nr. 3 SGB II greift vielmehr unabhängig davon, ob das
Schmerzensgeld als Geldrente oder Kapitalbetrag zugebilligt wird (so
auch Hengelhaupt a. a. O.). Dies ergibt sich, wenn man die verschiedenen
Auszahlungsformen des Schmerzensgeldes vergleicht. Die Bemessung eines
monatlichen Rentenbetrages ist (auch in Fällen der Kombination mit der
Gewährung eines Kapital-(teil)-betrages so zu bemessen, dass er
kapitalisiert der Größenordnung nach einem (ausschließlich) in
Kapitalform zuerkannten Betrag zumindest annähernd entspricht (vgl.
zuletzt Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 15.05.2007 - VI ZR 150/06).
Dabei wird in die Vergleichsberechnung regelhaft eine Verzinsung des
Kapitalbetrages eingestellt (vgl. etwa BGH a. a. O.: Zinssatz von 5 %).
Trägt diese Art der Berechnung der Tatsache Rechnung, dass der
Geschädigte, soweit ihm Schmerzensgeldrente statt des Kapitalbetrages
zuerkannt wird, gehindert ist, das Kapital gewinnbringend anzulegen,
wohingegen der Schädiger die Möglichkeit hat, die Renten aufgrund einer
gewinnbringenden Anlage des Kapitals zu bedienen (BGH a. a. O.), so wird
deutlich, dass nur die Einbeziehung der Zinseinkünfte eine nicht
sachgerechte Ungleichbehandlung der verschiedenen Formen der
Entschädigung zu vermeiden (vgl. auch Hengelhaupt a.a.O.).

Der Senat verweist ergänzend auf durchaus vergleichbare Überlegungen des
BSG zum Recht der Arbeitslosenhilfe (Urteil vom 20.02.1991 - 11 RAr 109/89) betreffend die Abfindung einer Schadenersatzrente gemäß § 847 und § 843 BGB a.F.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4. Der Senat misst der Frage, ob Zinseinkünfte aus Schmerzensgeld im
Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II als Einkommen zu
berücksichtigen sind, grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zu.

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