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§ 42a Darlehen Widerspruch hat aufschiebende Wirkung
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Hilfe in allen Lebenslagen Hartz IV :: Rechtsbeziehungen zwischen Hilfebedürftigen, Sozialhilfeträger :: Urteile: BGH :: Urteile: BVerfG :: Urteile: BSG:
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Förderung der beruflichen Weiterbildung - Zulassung von Weiterbildungsträgern und -maßnahmen bei vor dem 1.1.2006 beginnenden Maßnahmen durch die BA BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 18.5.2010, B 7 AL 22/09 R
Förderung der beruflichen Weiterbildung - Zulassung von
Weiterbildungsträgern und -maßnahmen bei vor dem 1.1.2006 beginnenden
Maßnahmen durch die BA
Leitsätze
Die BA war bei bis zum
31.12.2005 begonnenen Weiterbildungsmaßnahmen berechtigt, den Träger und
die Maßnahme entweder allgemein oder inzident im Rahmen der Prüfung der
individuellen Förderungsvoraussetzungen allein für diese Weiterbildung
zuzulassen; eine solche Zulassung war auch nach Beginn der Maßnahme
möglich.
Tatbestand
1
Im Streit ist die Förderung einer Bildungsmaßnahme ab 5.4.2004.
2
Der
1950 geborene Kläger, ein ausgebildeter Diplom-Pädagoge, war - mit
Unterbrechungen - von 1992 bis zuletzt 29.2.2004 als Taxifahrer tätig.
Ab 1.3.2004 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld (Bescheid vom
26.3.2004). Bereits am 3.3.2004 hatte der Kläger bei der Beklagten die
Förderung einer Ausbildung zum Fahrlehrer beantragt, die er am 5.4.2004
begann. Er legte eine Bestätigung der A Fahrschule S (vom 20.4.2004)
vor, in der ausgeführt ist, es sei beabsichtigt, den Kläger nach
abgeschlossener Ausbildung zum Fahrlehrer fest einzustellen. Die
Beklagte lehnte eine Leistungsgewährung ab, weil die Maßnahme nicht den
Zielen der Weiterbildungsförderung entspreche, die Maßnahme nicht durch
eine fachkundige Stelle zugelassen und eine Förderung aus
arbeitsmarktlicher Sicht nicht zweckmäßig sei (Bescheid vom 22.4.2004;
Widerspruchsbescheid vom 23.6.2004).
3
Klage und Berufung sind
ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts <SG> Frankfurt
am Main vom 19.12.2007; Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts
<LSG> vom 15.7.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das
LSG ausgeführt, die Voraussetzungen der beruflichen Weiterbildung zum
Fahrlehrer lägen nicht vor. Die Beklagte habe die Maßnahme nicht
allgemein durch einen dem Träger erteilten Bescheid zugelassen; sie habe
die Maßnahme aus arbeitsmarktlicher Sicht nicht für zweckmäßig
erachtet, weil ein nennenswerter Arbeitsmarktbedarf nicht festgestellt
worden sei bzw eine prognostische Verbleibsquote von 70 % nicht erwartet
werden könne. Auch eine Förderung im Einzelfall - ohne ausdrückliche
allgemeine Zulassung von Maßnahme und Maßnahmeträger - sei abzulehnen,
weil die vom Kläger vorgelegte Bestätigung der Fahrschule vom 20.4.2004
gänzlich unverbindlich ausgestaltet sei. Der Kläger könne den Anspruch
auf Finanzierung der Maßnahme auch nicht auf einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch stützen; er sei nicht unrichtig beraten worden,
weil er darauf hingewiesen worden sei, dass die Vorlage eines
Arbeitsvertrags, nicht nur einer Einstellungszusage, erforderlich sei.
4
Mit
seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 77 Abs 1 Nr 4 und
Abs 3, der §§ 84 und 85 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch
- Arbeitsförderung - (SGB III) sowie der Amtsermittlungspflicht nach §
103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das LSG habe es versäumt zu prüfen, ob
Träger und Maßnahme für die Förderung durch die Beklagte selbst
zugelassen werden könnten. Dafür sei die Beklagte bis 30.6.2004 inzident
mit der Prüfung der individuellen Anspruchsvoraussetzungen der
Weiterbildungsförderung zuständig gewesen. Das LSG habe insoweit unter
Verstoß gegen § 77 Abs 1 Nr 4 SGB III eine Förderung im Einzelfall mit
der Begründung verneint, die von ihm (dem Kläger) vorgelegte Bestätigung
der Fahrschule vom 20.4.2004 sei völlig unverbindlich. Die Erklärung
enthalte vielmehr eine konkrete Einstellungszusage unter der Bedingung,
dass die Fahrlehrerausbildung (erfolgreich) abgeschlossen werde.
Entgegen der Ansicht des LSG könne - in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - die fehlende allgemeine
Zulassung der Maßnahme vor deren Beginn im Wege des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs korrigiert werden. Die Beklagte habe ihn zu keinem
Zeitpunkt über die Notwendigkeit der Zulassung der Maßnahme und des
Trägers beraten.
5
Der Kläger beantragt,
den Beschluss
des LSG und das Urteil des SG aufzuheben und die Beklagte unter
Aufhebung ihres Bescheids vom 22. April 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 23. Juni 2004 zu verurteilen, Unterhaltsgeld
und Weiterbildungskosten zu zahlen, hilfsweise über den Antrag auf
Förderung der Weiterbildungsmaßnahme zum Fahrlehrer neu zu entscheiden.
6
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
7
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
8
Die
Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG
begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf Grund der tatsächlichen
Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob dem Kläger ein
Anspruch auf Förderung der Teilnahme an der (Bildungs-)Maßnahme bzw auf
eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zusteht.
9
Gegenstand
des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 22.4.2004 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 23.6.2004 (§ 95 SGG). Mit der Klage
begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, Unterhaltsgeld (Uhg)
und Kosten für seine berufliche "Weiterbildung" zum Fahrlehrer zu
zahlen. Die richtige Klageart ist eine kombinierte Anfechtungs- und
Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG). Der Hilfsantrag resultiert
daraus, dass die Vorschriften der §§ 77 ff SGB III grundsätzlich keinen
Anspruch auf die Förderung der Weiterbildung, sondern nur einen solchen
auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung nach § 39 Abs 1 Satz 2
Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) gewähren. Dann
wäre eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die richtige
Klageart.
10
Neben diesem Klageantrag bedarf es keines
zusätzlichen Antrags auf Erteilung eines Bildungsgutscheins (§ 77 Abs 3
Satz 1 SGB III, hier idF, die die Norm durch das Dritte Gesetz für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 -
erhalten hat). Der Bildungsgutschein ist in § 77 Abs 1 SGB III nicht als
Anspruchsvoraussetzung vorgesehen, sondern soll nur bei gleichzeitiger
Betonung des Wettbewerbsgedankens zwischen den Maßnahmeträgern die
Entscheidungsfreiheit des Geförderten verbessern und seine
Eigeninitiative stärken (Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84
bis 87 RdNr 4, Stand Februar 2009; Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, § 77
RdNr 2, Stand August 2009). Mit dem Bildungsgutschein erkennt die
Beklagte lediglich die Anspruchsvoraussetzungen verbindlich an und übt
bereits im Vorfeld das ihr ggf zustehende Ermessen aus (Schmidt in
Eicher/Schlegel, aaO, § 77 RdNr 60; vgl auch BT-Drucks 15/25, S 29 zu §
77). Der Ausstellung eines Bildungsgutscheins und der Vorabprüfung
bedarf es jedoch dann nicht mehr, wenn die Beklagte ohnedies die
Leistung generell abgelehnt hat (vgl zu einer vergleichbaren Situation
im Rahmen der zweistufigen Prüfung von Kurzarbeitergeld: BSGE 104, 83 ff
RdNr 9 mwN).
11
Es ist auch kein zusätzlicher Klageantrag auf
Zulassung von Maßnahme und Träger für die vom Kläger beantragte
Weiterbildungsförderung erforderlich. Denn die Beklagte durfte inzident
mit der Entscheidung über die individuelle Förderung auch über die
Zulassung von Maßnahme und Träger mitentscheiden, ohne dass zuvor eine
allgemeine Zulassung durch sie oder eine andere fachkundige Stelle
notwendig gewesen wäre (hierzu später).
12
Da mit der
inzidenten Zulassung von Träger und Maßnahme ggf unmittelbar in
Rechtsbeziehungen zu Dritten eingegriffen wird, wird das LSG nach der
Zurückverweisung der Sache zu prüfen haben, ob nicht der Maßnahmeträger
gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG beizuladen ist (vgl dazu Eicher in
Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 25, Stand Januar 2006).
Erst wenn eine (inzidente) Zulassung für den Maßnahmeträger keine
rechtlichen Konsequenzen mehr für diesen nach sich zieht, etwa weil die
Maßnahme bereits beendet ist, bedarf es einer solchen Beiladung im
Rahmen der Entscheidung über den Förderantrag des Maßnahmeteilnehmers
nicht mehr, weil dann eine ausdrückliche (nachträgliche) Zulassung
unnötige Förmelei wäre (Eicher aaO). Allerdings fehlt es an
ausdrücklichen tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) dazu,
selbst wenn hiervon im Hinblick auf die bereits seit Maßnahmebeginn
verstrichene Zeit auszugehen sein dürfte. Das LSG wird dies nach der
Zurückverweisung der Sache, die ohnedies wegen weiterer fehlender
tatsächlicher Feststellungen erforderlich ist, nachzuholen haben.
13
Rechtsgrundlage
für die vom Kläger begehrte Förderung ist § 77 SGB III. Danach können
Arbeitnehmer bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung
durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von Uhg gefördert
werden, wenn
1.
die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei
Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende
Arbeitslosigkeit abzuwenden, bei Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung
eine Vollzeitbeschäftigung zu erlangen oder weil bei ihnen wegen
fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung
anerkannt ist,
2.
die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist,
3.
vor Beginn der Maßnahme eine Beratung durch das Arbeitsamt erfolgt ist und
4.
die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind
(Abs 1 Satz 1).
Arbeitnehmer,
die die Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllen, können (wenn auch nicht
durch Gewährung von Uhg, so doch) durch Übernahme der
Weiterbildungskosten gefördert werden (Satz 2). Nach Abs 3 Satz 1 wird
dem Arbeitnehmer das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung in
einem Bildungsgutschein bescheinigt (vgl zur Verzichtbarkeit eines
Bildungsgutscheins oben).
14
Keine der Voraussetzungen des §
77 Abs 1 SGB III ist vorliegend auf Grund der tatsächlichen
Feststellungen des LSG beurteilbar. Dies gilt bereits für die Frage, ob
es sich überhaupt um eine Weiterbildungsmaßnahme handelt (vgl nur
Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, Vor §§ 77 bis 96 RdNr 2a bis 2d mwN,
Stand August 2009). Selbst die Voraussetzung des § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 3
SGB III (Beratung vor Beginn der Maßnahme) ist dem Beschluss des LSG
nicht hinreichend sicher zu entnehmen. Ggf wird sich das LSG mit der
Frage zu befassen haben, ob eine fehlende Beratung durch den
sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzbar ist (vgl dazu: BSG SozR
4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 16 f; Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, § 77
RdNr 49 ff, Stand August 2009; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K §
77 RdNr 111c, Stand Juni 2009; Olk in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Aufl 2008, § 77 RdNr 31; Stratmann in Niesel, SGB III, 4.
Aufl 2007, § 77 RdNr 20).
15
Entgegen der Ansicht des LSG
können ohne weitere tatsächliche Feststellungen auch die Voraussetzungen
des § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III nicht verneint werden. Die Förderung
des Klägers scheitert allerdings nicht daran, dass Träger und Maßnahme
nicht bereits vor Beginn der Maßnahme allgemein für die Förderung
zugelassen waren; vielmehr wäre eine solche Zulassung inzident mit der
Entscheidung über die Förderung durch die Beklagte selbst, also im
Rahmen der individuellen Entscheidung über die Leistungsgewährung,
möglich, ohne dass dies eines eigenen Ausspruchs über die Zulassung
bedürfte; hierfür wären dann die Voraussetzungen des § 84 SGB III (idF,
die die Norm durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 - BGBl I 4607 - erhalten hat) und des § 85
SGB II (hier idF, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 - erhalten
hat) vom LSG noch zu prüfen, wobei Entscheidungsfreiräume der Beklagten
zu beachten sind (vgl dazu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 87
RdNr 29, Stand Januar 2006).
16
Die Beklagte ist jedenfalls
für Maßnahmen, die bis 31.12.2005 - wie vorliegend - begonnen haben,
eine für die Zulassung von Träger und Maßnahme fachkundige Stelle iS der
§§ 84, 85 SGB III. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung
(vgl BT-Drucks 15/25 S 30 zu § 84), wonach auch das Arbeitsamt (jetzt:
Agentur für Arbeit) als fachkundige Stelle über die Zulassung von
Trägern entscheiden können soll, auch wenn diese Aufgaben nach der
gesetzlichen Intention immer weniger von der Bundesagentur für Arbeit
(BA) und zunehmend von privaten Zertifizierungsstellen wahrgenommen
werden sollen (vgl nur Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, Vor §§ 77 bis 96
RdNr 28, Stand November 2004).
17
Es kann dahinstehen, ob -
wofür vieles spricht - die Regelung der §§ 84 bis 87 ff SGB III keine
den Maßstäben des Art 80 Abs 1 Grundgesetz (GG) entsprechende
Ermächtigungsnorm für die §§ 2 bis 6 der Anerkennungs- und
Zulassungsverordnung - Weiterbildung - (AZWV) ist (vgl dazu Eicher, aaO,
§ 87 RdNr 20, Stand Februar 2009; vgl auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz,
SGB III, K § 87 RdNr 24 f, Stand August 2006; SG Mannheim, Urteil vom
9.2.2010 - S 8 AL 3179/09; vgl auch Roos, Die Akkreditierung
fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der
beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§
77 ff SGB III, 2008, 157 ff, der allerdings einen Verstoß gegen den
Wesentlichkeitsgrundsatz annimmt) und deshalb eine Zertifizierung auch
nach Inkrafttreten der AZWV durch die BA selbst möglich, wenn nicht
sogar zwingend, ist (dazu Eicher, aaO, RdNr 22, Stand Februar 2009);
jedenfalls ordnet § 15 Abs 1 AZWV für - wie hier - bis 31.12.2005
begonnene Maßnahmen ausdrücklich an, dass die BA die Aufgaben von
fachkundigen Stellen weiterhin wahrnimmt, soweit nicht
Zertifizierungsstellen nach dieser Verordnung tätig werden. Hierzu heißt
es in der Begründung zur AZWV (vgl Eicher/Schlegel, Anlage zu § 87),
bis zur Anerkennung einer ausreichenden Zahl von Zertifizierungsstellen
sollten - wie bisher die Agenturen für Arbeit - die vom Vorstand der BA
bestimmten zuständigen Stellen innerhalb der BA die Aufgaben der
fachkundigen Stellen übernehmen. Die Einschränkung des Vorhandenseins
ausreichender Zertifizierungsstellen ist jedoch nicht in den
Verordnungstext übernommen worden; vielmehr wird dort nur darauf
abgestellt, dass anerkannte Zertifizierungsstellen nach dieser
Verordnung tätig geworden sind, nicht nur, dass sie tätig werden
könnten.
18
Die fortbestehende Kompetenz der BA ergibt sich
nicht zuletzt aus der Gesetzesbegründung zu § 85 SGB III (vgl BT-Drucks
15/25 S 30), wonach die Prüfung jeder einzelnen Bildungsmaßnahme (erst)
zukünftig nicht mehr ausschließlich durch das Arbeitsamt (jetzt: Agentur
für Arbeit), sondern durch Zertifizierungsagenturen erfolgen solle. Die
wenn - auch verfassungsrechtlich zweifelhafte - Rechtsgrundlage für die
Anerkennung von Zertifizierungsstellen (siehe oben) hat der Gesetzgeber
jedoch ohnedies erst mit der AZWV mit Wirkung ab 1.7.2004 in Kraft
gesetzt, sodass zu Beginn der vom Kläger besuchten Maßnahme am 5.4.2004
eine Zulassung durch externe Zertifizierungsstellen mangels gesetzlicher
Grundlage hierfür ohnedies noch nicht möglich und zulässig war.
19
Zwar
ist dem SGB III gegenüber den Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes
(AFG) eine Verselbstständigung des Zulassungsverfahrens (früher
Anerkennungsverfahrens) mit der Möglichkeit der Zulassung durch
gesonderten Verwaltungsakt zu entnehmen (BSG SozR 4-4300 § 86 Nr 1 RdNr
10); jedoch bedeutet dies nicht, dass, wenn die Beklagte selbst die
Weiterbildungsmaßnahme und den Weiterbildungsträger zulassen darf (bzw
muss), dies zwingend in einem vorgeschalteten allgemeinen Verfahren zu
geschehen hat (Schmidt in Eicher/Schlegel, § 77 RdNr 52, Stand August
2009; Eicher in Eicher/Schlegel, aaO, § 87 RdNr 29, Stand Januar 2006;
vgl auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 87 RdNr 210, Stand
August 2006). Bislang hat das BSG zwar offen gelassen, ob die Regelung
der §§ 77 ff SGB III eine individuelle Inzidentprüfung der Zulassung auf
einen Förderungsantrag des Leistungsempfängers selbst ermöglicht (BSG
SozR 4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 17); jedoch bieten die gesetzlichen
Regelungen der §§ 77 ff SGB III - jedenfalls vor Inkrafttreten der AZWV -
keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass trotz der bezeichneten
Verselbständigung des Zulassungsverfahrens die frühere individuelle
Prüfung der Maßnahme und des Maßnahmeträgers auf Geeignetheit nach dem
AFG (vgl dazu Eicher, aaO, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 6, Stand Januar 2006)
völlig ausgeschlossen sein sollte. Deutlich geht dies daraus hervor,
dass die Gesetzesbegründung darauf verweist, die Regelung der jetzigen
Nr 4 übernehme die des früheren § 34 Abs 1 Satz 2 AFG (BT-Drucks 13/4941
S 168 zu § 77). Dies muss vor allem dann gelten, wenn die BA - wie
vorliegend - die Aushändigung eines Bildungsgutscheins bereits abgelehnt
hat, mit dem der Bildungswillige sich unter generell zugelassenen
Maßnahmeträgern und Maßnahmen die passende Maßnahme selbst aussuchen
soll. Zumindest für die Zeit bis 31.12.2005 ist die BA mithin
verpflichtet, über einen inzident gestellten Zulassungsantrag
konkret-individuell zu befinden (Eicher, aaO, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 24,
Stand Januar 2006). Eines Rückgriffs auf den sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch bedarf es dazu nicht (Eicher, aaO; offengelassen in
BSG SozR 4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 17). Mit einer positiven Entscheidung
über die Förderung entscheidet die BA dann gleichzeitig über die
Zulassung der Maßnahme und des Maßnahmeträgers für die individuelle
Förderung des Bildungswilligen, wenn auch nicht allgemein über die
Zulassung für die Weiterbildungsförderung. Dem steht auch nicht der
Wortlaut ("zugelassen sind") entgegen; auch bei § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 1
SGB III ist eine Formulierung gewählt ("anerkannt ist"), die auf einen
formellen Anerkennungsakt hinzuweisen scheint, obwohl ein solcher nicht
erforderlich ist (Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, § 77 RdNr 43, Stand
August 2009).
20
Bei der Prüfung der Voraussetzungen der §§
84, 85 SGB III für die Zulassung eines Maßnahmeträgers und einer
Maßnahme kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt die arbeitsmarktliche
Zweckmäßigkeit - entgegen der Ansicht des LSG - nach § 85 Abs 1 Satz 1
Nr 1 SGB III nicht ohne weitere tatsächliche Feststellungen verneint
werden. Das LSG hat hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen,
sondern lediglich Angaben der Beklagten referiert. Es fehlen für die zu
treffende Prognoseentscheidung (vgl BSG SozR 3-4100 § 34 Nr 4 S 13)
eigene tatsächliche Feststellungen des LSG zur Beschäftigungssituation
(vgl zur Überprüfbarkeit der Prognoseentscheidung nur Urmersbach in
Eicher/Schlegel, aaO, § 85 RdNr 46 mwN, Stand Oktober 2008). Bei der
Beurteilung der arbeitsmarktlichen Zweckmäßigkeit hat die Beklagte einen
nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum (vgl dazu BSGE 79, 269 =
SozR 3-4460 § 10 Nr 2 mwN; s auch Urmersbach, aaO, § 85 RdNr 52, Stand
Oktober 2008; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 85 RdNr 46 f,
Stand Februar 2007).
21
Eine arbeitsmarktliche Zweckmäßigkeit
ist - anders als die Beklagte und das LSG offenbar meinen - nicht
bereits dann zu bejahen, wenn bei insgesamt schlechter Prognose für den
Zielberuf im konkreten Einzelfall ein Arbeitsplatz zugesagt ist; eine
solche Betrachtung würde die konkrete Situation eines einzelnen
Antragstellers in den Vordergrund schieben und gerade
arbeitsmarktpolitische Abwägungen vernachlässigen (BSGE 67, 228, 232 =
SozR 3-4100 § 36 Nr 1 S 5). Die Zusage eines Arbeitsplatzes im
Einzelfall kann allenfalls bei der Ermessensentscheidung, wenn die
Anspruchsvoraussetzungen alle vorliegen, zu berücksichtigen sein. Im
Rahmen des auszuübenden Ermessens wäre auch von Bedeutung, ob dem Kläger
bereits für den Fall der Vorlage einer Einstellungszusage, nicht erst
für den Fall der Vorlage eines Arbeitsvertrages, eine Förderung zugesagt
worden wäre (vgl für den Fall einer mündlichen Zusage BSG SozR 4-4300 §
415 Nr 1 RdNr 37). Hierüber wäre ggf Beweis zu erheben. Was man dem
Kläger also insoweit als "Voraussetzung für eine Förderung" geraten hat,
ist entgegen der Ansicht des LSG nicht im Rahmen des Rechtsinstituts
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu berücksichtigen.
22
Bei einer abschließenden Kostenentscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&sid=801a4fbc11f2d77040c5875d1145d0a7&Seite=1&nr=11694&pos=45&anz=434
Gruß Willi S
Weiterbildungsträgern und -maßnahmen bei vor dem 1.1.2006 beginnenden
Maßnahmen durch die BA
Leitsätze
Die BA war bei bis zum
31.12.2005 begonnenen Weiterbildungsmaßnahmen berechtigt, den Träger und
die Maßnahme entweder allgemein oder inzident im Rahmen der Prüfung der
individuellen Förderungsvoraussetzungen allein für diese Weiterbildung
zuzulassen; eine solche Zulassung war auch nach Beginn der Maßnahme
möglich.
Tatbestand
1
Im Streit ist die Förderung einer Bildungsmaßnahme ab 5.4.2004.
2
Der
1950 geborene Kläger, ein ausgebildeter Diplom-Pädagoge, war - mit
Unterbrechungen - von 1992 bis zuletzt 29.2.2004 als Taxifahrer tätig.
Ab 1.3.2004 bewilligte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld (Bescheid vom
26.3.2004). Bereits am 3.3.2004 hatte der Kläger bei der Beklagten die
Förderung einer Ausbildung zum Fahrlehrer beantragt, die er am 5.4.2004
begann. Er legte eine Bestätigung der A Fahrschule S (vom 20.4.2004)
vor, in der ausgeführt ist, es sei beabsichtigt, den Kläger nach
abgeschlossener Ausbildung zum Fahrlehrer fest einzustellen. Die
Beklagte lehnte eine Leistungsgewährung ab, weil die Maßnahme nicht den
Zielen der Weiterbildungsförderung entspreche, die Maßnahme nicht durch
eine fachkundige Stelle zugelassen und eine Förderung aus
arbeitsmarktlicher Sicht nicht zweckmäßig sei (Bescheid vom 22.4.2004;
Widerspruchsbescheid vom 23.6.2004).
3
Klage und Berufung sind
ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts <SG> Frankfurt
am Main vom 19.12.2007; Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts
<LSG> vom 15.7.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das
LSG ausgeführt, die Voraussetzungen der beruflichen Weiterbildung zum
Fahrlehrer lägen nicht vor. Die Beklagte habe die Maßnahme nicht
allgemein durch einen dem Träger erteilten Bescheid zugelassen; sie habe
die Maßnahme aus arbeitsmarktlicher Sicht nicht für zweckmäßig
erachtet, weil ein nennenswerter Arbeitsmarktbedarf nicht festgestellt
worden sei bzw eine prognostische Verbleibsquote von 70 % nicht erwartet
werden könne. Auch eine Förderung im Einzelfall - ohne ausdrückliche
allgemeine Zulassung von Maßnahme und Maßnahmeträger - sei abzulehnen,
weil die vom Kläger vorgelegte Bestätigung der Fahrschule vom 20.4.2004
gänzlich unverbindlich ausgestaltet sei. Der Kläger könne den Anspruch
auf Finanzierung der Maßnahme auch nicht auf einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch stützen; er sei nicht unrichtig beraten worden,
weil er darauf hingewiesen worden sei, dass die Vorlage eines
Arbeitsvertrags, nicht nur einer Einstellungszusage, erforderlich sei.
4
Mit
seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 77 Abs 1 Nr 4 und
Abs 3, der §§ 84 und 85 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch
- Arbeitsförderung - (SGB III) sowie der Amtsermittlungspflicht nach §
103 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das LSG habe es versäumt zu prüfen, ob
Träger und Maßnahme für die Förderung durch die Beklagte selbst
zugelassen werden könnten. Dafür sei die Beklagte bis 30.6.2004 inzident
mit der Prüfung der individuellen Anspruchsvoraussetzungen der
Weiterbildungsförderung zuständig gewesen. Das LSG habe insoweit unter
Verstoß gegen § 77 Abs 1 Nr 4 SGB III eine Förderung im Einzelfall mit
der Begründung verneint, die von ihm (dem Kläger) vorgelegte Bestätigung
der Fahrschule vom 20.4.2004 sei völlig unverbindlich. Die Erklärung
enthalte vielmehr eine konkrete Einstellungszusage unter der Bedingung,
dass die Fahrlehrerausbildung (erfolgreich) abgeschlossen werde.
Entgegen der Ansicht des LSG könne - in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) - die fehlende allgemeine
Zulassung der Maßnahme vor deren Beginn im Wege des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs korrigiert werden. Die Beklagte habe ihn zu keinem
Zeitpunkt über die Notwendigkeit der Zulassung der Maßnahme und des
Trägers beraten.
5
Der Kläger beantragt,
den Beschluss
des LSG und das Urteil des SG aufzuheben und die Beklagte unter
Aufhebung ihres Bescheids vom 22. April 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 23. Juni 2004 zu verurteilen, Unterhaltsgeld
und Weiterbildungskosten zu zahlen, hilfsweise über den Antrag auf
Förderung der Weiterbildungsmaßnahme zum Fahrlehrer neu zu entscheiden.
6
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
7
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
8
Die
Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG
begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf Grund der tatsächlichen
Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob dem Kläger ein
Anspruch auf Förderung der Teilnahme an der (Bildungs-)Maßnahme bzw auf
eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zusteht.
9
Gegenstand
des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 22.4.2004 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 23.6.2004 (§ 95 SGG). Mit der Klage
begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, Unterhaltsgeld (Uhg)
und Kosten für seine berufliche "Weiterbildung" zum Fahrlehrer zu
zahlen. Die richtige Klageart ist eine kombinierte Anfechtungs- und
Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG). Der Hilfsantrag resultiert
daraus, dass die Vorschriften der §§ 77 ff SGB III grundsätzlich keinen
Anspruch auf die Förderung der Weiterbildung, sondern nur einen solchen
auf eine pflichtgemäße Ermessensausübung nach § 39 Abs 1 Satz 2
Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) gewähren. Dann
wäre eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die richtige
Klageart.
10
Neben diesem Klageantrag bedarf es keines
zusätzlichen Antrags auf Erteilung eines Bildungsgutscheins (§ 77 Abs 3
Satz 1 SGB III, hier idF, die die Norm durch das Dritte Gesetz für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 -
erhalten hat). Der Bildungsgutschein ist in § 77 Abs 1 SGB III nicht als
Anspruchsvoraussetzung vorgesehen, sondern soll nur bei gleichzeitiger
Betonung des Wettbewerbsgedankens zwischen den Maßnahmeträgern die
Entscheidungsfreiheit des Geförderten verbessern und seine
Eigeninitiative stärken (Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84
bis 87 RdNr 4, Stand Februar 2009; Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, § 77
RdNr 2, Stand August 2009). Mit dem Bildungsgutschein erkennt die
Beklagte lediglich die Anspruchsvoraussetzungen verbindlich an und übt
bereits im Vorfeld das ihr ggf zustehende Ermessen aus (Schmidt in
Eicher/Schlegel, aaO, § 77 RdNr 60; vgl auch BT-Drucks 15/25, S 29 zu §
77). Der Ausstellung eines Bildungsgutscheins und der Vorabprüfung
bedarf es jedoch dann nicht mehr, wenn die Beklagte ohnedies die
Leistung generell abgelehnt hat (vgl zu einer vergleichbaren Situation
im Rahmen der zweistufigen Prüfung von Kurzarbeitergeld: BSGE 104, 83 ff
RdNr 9 mwN).
11
Es ist auch kein zusätzlicher Klageantrag auf
Zulassung von Maßnahme und Träger für die vom Kläger beantragte
Weiterbildungsförderung erforderlich. Denn die Beklagte durfte inzident
mit der Entscheidung über die individuelle Förderung auch über die
Zulassung von Maßnahme und Träger mitentscheiden, ohne dass zuvor eine
allgemeine Zulassung durch sie oder eine andere fachkundige Stelle
notwendig gewesen wäre (hierzu später).
12
Da mit der
inzidenten Zulassung von Träger und Maßnahme ggf unmittelbar in
Rechtsbeziehungen zu Dritten eingegriffen wird, wird das LSG nach der
Zurückverweisung der Sache zu prüfen haben, ob nicht der Maßnahmeträger
gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG beizuladen ist (vgl dazu Eicher in
Eicher/Schlegel, SGB III, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 25, Stand Januar 2006).
Erst wenn eine (inzidente) Zulassung für den Maßnahmeträger keine
rechtlichen Konsequenzen mehr für diesen nach sich zieht, etwa weil die
Maßnahme bereits beendet ist, bedarf es einer solchen Beiladung im
Rahmen der Entscheidung über den Förderantrag des Maßnahmeteilnehmers
nicht mehr, weil dann eine ausdrückliche (nachträgliche) Zulassung
unnötige Förmelei wäre (Eicher aaO). Allerdings fehlt es an
ausdrücklichen tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) dazu,
selbst wenn hiervon im Hinblick auf die bereits seit Maßnahmebeginn
verstrichene Zeit auszugehen sein dürfte. Das LSG wird dies nach der
Zurückverweisung der Sache, die ohnedies wegen weiterer fehlender
tatsächlicher Feststellungen erforderlich ist, nachzuholen haben.
13
Rechtsgrundlage
für die vom Kläger begehrte Förderung ist § 77 SGB III. Danach können
Arbeitnehmer bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung
durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von Uhg gefördert
werden, wenn
1.
die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei
Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende
Arbeitslosigkeit abzuwenden, bei Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung
eine Vollzeitbeschäftigung zu erlangen oder weil bei ihnen wegen
fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung
anerkannt ist,
2.
die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist,
3.
vor Beginn der Maßnahme eine Beratung durch das Arbeitsamt erfolgt ist und
4.
die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind
(Abs 1 Satz 1).
Arbeitnehmer,
die die Vorbeschäftigungszeit nicht erfüllen, können (wenn auch nicht
durch Gewährung von Uhg, so doch) durch Übernahme der
Weiterbildungskosten gefördert werden (Satz 2). Nach Abs 3 Satz 1 wird
dem Arbeitnehmer das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung in
einem Bildungsgutschein bescheinigt (vgl zur Verzichtbarkeit eines
Bildungsgutscheins oben).
14
Keine der Voraussetzungen des §
77 Abs 1 SGB III ist vorliegend auf Grund der tatsächlichen
Feststellungen des LSG beurteilbar. Dies gilt bereits für die Frage, ob
es sich überhaupt um eine Weiterbildungsmaßnahme handelt (vgl nur
Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, Vor §§ 77 bis 96 RdNr 2a bis 2d mwN,
Stand August 2009). Selbst die Voraussetzung des § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 3
SGB III (Beratung vor Beginn der Maßnahme) ist dem Beschluss des LSG
nicht hinreichend sicher zu entnehmen. Ggf wird sich das LSG mit der
Frage zu befassen haben, ob eine fehlende Beratung durch den
sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzbar ist (vgl dazu: BSG SozR
4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 16 f; Schmidt in Eicher/Schlegel, SGB III, § 77
RdNr 49 ff, Stand August 2009; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K §
77 RdNr 111c, Stand Juni 2009; Olk in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Aufl 2008, § 77 RdNr 31; Stratmann in Niesel, SGB III, 4.
Aufl 2007, § 77 RdNr 20).
15
Entgegen der Ansicht des LSG
können ohne weitere tatsächliche Feststellungen auch die Voraussetzungen
des § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB III nicht verneint werden. Die Förderung
des Klägers scheitert allerdings nicht daran, dass Träger und Maßnahme
nicht bereits vor Beginn der Maßnahme allgemein für die Förderung
zugelassen waren; vielmehr wäre eine solche Zulassung inzident mit der
Entscheidung über die Förderung durch die Beklagte selbst, also im
Rahmen der individuellen Entscheidung über die Leistungsgewährung,
möglich, ohne dass dies eines eigenen Ausspruchs über die Zulassung
bedürfte; hierfür wären dann die Voraussetzungen des § 84 SGB III (idF,
die die Norm durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 - BGBl I 4607 - erhalten hat) und des § 85
SGB II (hier idF, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 - erhalten
hat) vom LSG noch zu prüfen, wobei Entscheidungsfreiräume der Beklagten
zu beachten sind (vgl dazu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 87
RdNr 29, Stand Januar 2006).
16
Die Beklagte ist jedenfalls
für Maßnahmen, die bis 31.12.2005 - wie vorliegend - begonnen haben,
eine für die Zulassung von Träger und Maßnahme fachkundige Stelle iS der
§§ 84, 85 SGB III. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung
(vgl BT-Drucks 15/25 S 30 zu § 84), wonach auch das Arbeitsamt (jetzt:
Agentur für Arbeit) als fachkundige Stelle über die Zulassung von
Trägern entscheiden können soll, auch wenn diese Aufgaben nach der
gesetzlichen Intention immer weniger von der Bundesagentur für Arbeit
(BA) und zunehmend von privaten Zertifizierungsstellen wahrgenommen
werden sollen (vgl nur Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, Vor §§ 77 bis 96
RdNr 28, Stand November 2004).
17
Es kann dahinstehen, ob -
wofür vieles spricht - die Regelung der §§ 84 bis 87 ff SGB III keine
den Maßstäben des Art 80 Abs 1 Grundgesetz (GG) entsprechende
Ermächtigungsnorm für die §§ 2 bis 6 der Anerkennungs- und
Zulassungsverordnung - Weiterbildung - (AZWV) ist (vgl dazu Eicher, aaO,
§ 87 RdNr 20, Stand Februar 2009; vgl auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz,
SGB III, K § 87 RdNr 24 f, Stand August 2006; SG Mannheim, Urteil vom
9.2.2010 - S 8 AL 3179/09; vgl auch Roos, Die Akkreditierung
fachkundiger Stellen und Zertifizierung für Träger von Maßnahmen der
beruflichen Weiterbildung im System der Qualitätssicherung nach den §§
77 ff SGB III, 2008, 157 ff, der allerdings einen Verstoß gegen den
Wesentlichkeitsgrundsatz annimmt) und deshalb eine Zertifizierung auch
nach Inkrafttreten der AZWV durch die BA selbst möglich, wenn nicht
sogar zwingend, ist (dazu Eicher, aaO, RdNr 22, Stand Februar 2009);
jedenfalls ordnet § 15 Abs 1 AZWV für - wie hier - bis 31.12.2005
begonnene Maßnahmen ausdrücklich an, dass die BA die Aufgaben von
fachkundigen Stellen weiterhin wahrnimmt, soweit nicht
Zertifizierungsstellen nach dieser Verordnung tätig werden. Hierzu heißt
es in der Begründung zur AZWV (vgl Eicher/Schlegel, Anlage zu § 87),
bis zur Anerkennung einer ausreichenden Zahl von Zertifizierungsstellen
sollten - wie bisher die Agenturen für Arbeit - die vom Vorstand der BA
bestimmten zuständigen Stellen innerhalb der BA die Aufgaben der
fachkundigen Stellen übernehmen. Die Einschränkung des Vorhandenseins
ausreichender Zertifizierungsstellen ist jedoch nicht in den
Verordnungstext übernommen worden; vielmehr wird dort nur darauf
abgestellt, dass anerkannte Zertifizierungsstellen nach dieser
Verordnung tätig geworden sind, nicht nur, dass sie tätig werden
könnten.
18
Die fortbestehende Kompetenz der BA ergibt sich
nicht zuletzt aus der Gesetzesbegründung zu § 85 SGB III (vgl BT-Drucks
15/25 S 30), wonach die Prüfung jeder einzelnen Bildungsmaßnahme (erst)
zukünftig nicht mehr ausschließlich durch das Arbeitsamt (jetzt: Agentur
für Arbeit), sondern durch Zertifizierungsagenturen erfolgen solle. Die
wenn - auch verfassungsrechtlich zweifelhafte - Rechtsgrundlage für die
Anerkennung von Zertifizierungsstellen (siehe oben) hat der Gesetzgeber
jedoch ohnedies erst mit der AZWV mit Wirkung ab 1.7.2004 in Kraft
gesetzt, sodass zu Beginn der vom Kläger besuchten Maßnahme am 5.4.2004
eine Zulassung durch externe Zertifizierungsstellen mangels gesetzlicher
Grundlage hierfür ohnedies noch nicht möglich und zulässig war.
19
Zwar
ist dem SGB III gegenüber den Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes
(AFG) eine Verselbstständigung des Zulassungsverfahrens (früher
Anerkennungsverfahrens) mit der Möglichkeit der Zulassung durch
gesonderten Verwaltungsakt zu entnehmen (BSG SozR 4-4300 § 86 Nr 1 RdNr
10); jedoch bedeutet dies nicht, dass, wenn die Beklagte selbst die
Weiterbildungsmaßnahme und den Weiterbildungsträger zulassen darf (bzw
muss), dies zwingend in einem vorgeschalteten allgemeinen Verfahren zu
geschehen hat (Schmidt in Eicher/Schlegel, § 77 RdNr 52, Stand August
2009; Eicher in Eicher/Schlegel, aaO, § 87 RdNr 29, Stand Januar 2006;
vgl auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 87 RdNr 210, Stand
August 2006). Bislang hat das BSG zwar offen gelassen, ob die Regelung
der §§ 77 ff SGB III eine individuelle Inzidentprüfung der Zulassung auf
einen Förderungsantrag des Leistungsempfängers selbst ermöglicht (BSG
SozR 4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 17); jedoch bieten die gesetzlichen
Regelungen der §§ 77 ff SGB III - jedenfalls vor Inkrafttreten der AZWV -
keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass trotz der bezeichneten
Verselbständigung des Zulassungsverfahrens die frühere individuelle
Prüfung der Maßnahme und des Maßnahmeträgers auf Geeignetheit nach dem
AFG (vgl dazu Eicher, aaO, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 6, Stand Januar 2006)
völlig ausgeschlossen sein sollte. Deutlich geht dies daraus hervor,
dass die Gesetzesbegründung darauf verweist, die Regelung der jetzigen
Nr 4 übernehme die des früheren § 34 Abs 1 Satz 2 AFG (BT-Drucks 13/4941
S 168 zu § 77). Dies muss vor allem dann gelten, wenn die BA - wie
vorliegend - die Aushändigung eines Bildungsgutscheins bereits abgelehnt
hat, mit dem der Bildungswillige sich unter generell zugelassenen
Maßnahmeträgern und Maßnahmen die passende Maßnahme selbst aussuchen
soll. Zumindest für die Zeit bis 31.12.2005 ist die BA mithin
verpflichtet, über einen inzident gestellten Zulassungsantrag
konkret-individuell zu befinden (Eicher, aaO, Vor §§ 84 bis 87 RdNr 24,
Stand Januar 2006). Eines Rückgriffs auf den sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch bedarf es dazu nicht (Eicher, aaO; offengelassen in
BSG SozR 4-4300 § 77 Nr 2 RdNr 17). Mit einer positiven Entscheidung
über die Förderung entscheidet die BA dann gleichzeitig über die
Zulassung der Maßnahme und des Maßnahmeträgers für die individuelle
Förderung des Bildungswilligen, wenn auch nicht allgemein über die
Zulassung für die Weiterbildungsförderung. Dem steht auch nicht der
Wortlaut ("zugelassen sind") entgegen; auch bei § 77 Abs 1 Satz 1 Nr 1
SGB III ist eine Formulierung gewählt ("anerkannt ist"), die auf einen
formellen Anerkennungsakt hinzuweisen scheint, obwohl ein solcher nicht
erforderlich ist (Schmidt in Eicher/Schlegel, aaO, § 77 RdNr 43, Stand
August 2009).
20
Bei der Prüfung der Voraussetzungen der §§
84, 85 SGB III für die Zulassung eines Maßnahmeträgers und einer
Maßnahme kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt die arbeitsmarktliche
Zweckmäßigkeit - entgegen der Ansicht des LSG - nach § 85 Abs 1 Satz 1
Nr 1 SGB III nicht ohne weitere tatsächliche Feststellungen verneint
werden. Das LSG hat hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen,
sondern lediglich Angaben der Beklagten referiert. Es fehlen für die zu
treffende Prognoseentscheidung (vgl BSG SozR 3-4100 § 34 Nr 4 S 13)
eigene tatsächliche Feststellungen des LSG zur Beschäftigungssituation
(vgl zur Überprüfbarkeit der Prognoseentscheidung nur Urmersbach in
Eicher/Schlegel, aaO, § 85 RdNr 46 mwN, Stand Oktober 2008). Bei der
Beurteilung der arbeitsmarktlichen Zweckmäßigkeit hat die Beklagte einen
nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum (vgl dazu BSGE 79, 269 =
SozR 3-4460 § 10 Nr 2 mwN; s auch Urmersbach, aaO, § 85 RdNr 52, Stand
Oktober 2008; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 85 RdNr 46 f,
Stand Februar 2007).
21
Eine arbeitsmarktliche Zweckmäßigkeit
ist - anders als die Beklagte und das LSG offenbar meinen - nicht
bereits dann zu bejahen, wenn bei insgesamt schlechter Prognose für den
Zielberuf im konkreten Einzelfall ein Arbeitsplatz zugesagt ist; eine
solche Betrachtung würde die konkrete Situation eines einzelnen
Antragstellers in den Vordergrund schieben und gerade
arbeitsmarktpolitische Abwägungen vernachlässigen (BSGE 67, 228, 232 =
SozR 3-4100 § 36 Nr 1 S 5). Die Zusage eines Arbeitsplatzes im
Einzelfall kann allenfalls bei der Ermessensentscheidung, wenn die
Anspruchsvoraussetzungen alle vorliegen, zu berücksichtigen sein. Im
Rahmen des auszuübenden Ermessens wäre auch von Bedeutung, ob dem Kläger
bereits für den Fall der Vorlage einer Einstellungszusage, nicht erst
für den Fall der Vorlage eines Arbeitsvertrages, eine Förderung zugesagt
worden wäre (vgl für den Fall einer mündlichen Zusage BSG SozR 4-4300 §
415 Nr 1 RdNr 37). Hierüber wäre ggf Beweis zu erheben. Was man dem
Kläger also insoweit als "Voraussetzung für eine Förderung" geraten hat,
ist entgegen der Ansicht des LSG nicht im Rahmen des Rechtsinstituts
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu berücksichtigen.
22
Bei einer abschließenden Kostenentscheidung wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&sid=801a4fbc11f2d77040c5875d1145d0a7&Seite=1&nr=11694&pos=45&anz=434
Gruß Willi S
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