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§ 42a Darlehen Widerspruch hat aufschiebende Wirkung
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Hilfe in allen Lebenslagen Hartz IV :: Rechtsbeziehungen zwischen Hilfebedürftigen, Sozialhilfeträger :: Urteile: BGH :: Urteile: BVerfG :: Urteile: BSG: :: EuGH :: Urteile: LSG:
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Überbrückungsgeld - (Gründungszuschuss seit 2006 ) für Arbeitslose auch bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Ausland Mit heutigem Tage hat das Landessozialgericht Hessen (Urteil vom 23.09.2011, - L 7 AL 104/09 - ) bekannt gegeben,
dass ein Arbeitsloser auch Anspruch hat auf Gründungszuschuss bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Ausland.
Ein
arbeitsloser Diplom-Betriebswirt beantragte im Jahre 2005
Überbrückungsgeld für die Übernahme einer Pizzeria im österreichischen
Ried im Innkreis. Dies lehnte die Bundesagentur mit der Begründung ab,
dass nur Tätigkeiten in Deutschland gefördert werden.
Der Arbeitslose verwies darauf, dass er seinen Wohnsitz im Main-Taunus-Kreis behalte und die Gewinne in Deutschland versteuere.
Das LSG Darmstadt hat die Bundesagentur zur Leistung verurteilt.
Denn
nach Auffassung des Landessozialgerichts ist Überbrückungsgeld (seit
August 2006: Gründungszuschuss) in erster Linie dazu gedacht
,Arbeitslosigkeit zu beenden oder zu vermeiden.
Dieses Ziel kann ebenso durch die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Ausland erreicht werden.
Auf einen Wohnsitz in Deutschland komme es nicht einmal an.
Das
Landessozialgericht verwies auf die gesetzliche Regelung zur Förderung
der beruflichen Eingliederung. Insoweit sei ausdrücklich geregelt, dass
auch eine Beschäftigungsaufnahme in der Europäischen Union sowie dem
Europäischen Wirtschaftsraum gefördert werden könne.
Qulle: http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/s15/page/bslaredaprod.psml?&doc.id=JURE110018530%3Ajuris-r01&showdoccase=1&doc.part=L
Anmerkung eines Tacheles - Lesers:
Nach den internen Anweisungen der BA wird die Aufnahme einer selbständigen Tätigekeit im Ausland nicht (!) mit dem GZ gefördert.
DA zu §57 Ziffer 57.14 Stand 7/06
Diese
Praxis der BA ist jedoch bedenklich und lässt sich mit dem sog.
"Territorialitätsprinzip" (Mutschler SGB 2000,110), auf das sich die BA
beruft, nicht begründen.
Für die Beurteilung dieser Frage ist der
Zweck des GZ von maßgebender Bedeutung. Vorrangiger Zweck ist die
Beendigung von Arbeitslosigkeit.Durch die Aufnahme einer selbständigen
Tätigkeit im Ausland
wird jedoch im Inland die Arbeitslosigkeit
beendet.Insofern besteht ein ganz wesentlicher Inlandbezug, weshalb auch
die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Ausland grundsätzlich
förderungsfähig ist.
s.a.im anderen Zusammenhang LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.1.90, Az.: L 5 Ar 1486/88= Breithaupt 1991, 426
Zur Förderung in den Grenzregionen und im EU-Raum s.a. Winkler in Gagel, SGB III, §57 RdNr.21, Stand 12/06
http://www.tacheles-sozialhilfe.de/forum/thread.asp?FacId=1700538
Gericht: Hessisches Landessozialgericht 7. Senat
Entscheidungsdatum: 23.09.2011
Aktenzeichen: L 7 AL 104/09
Dokumenttyp: Urteil
Normen:
§ 30 Abs 1 SGB 1, § 57 Abs 1 SGB 3 vom 24.12.2003, § 57 Abs 2 Nr 2 SGB 3
vom 24.12.2003, § 57 Abs 5 SGB 3 vom 24.12.2003, Art 19 Abs 4 GG
Überbrückungsgeldanspruch - Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit
im Ausland - Inlandswohnsitz nicht maßgeblich - rechtswidrige Ablehnung
der Förderung durch die BA - Aufgabe des Gewerbes - gerichtlicher
Rechtsschutz - fachkundige Stelle
Leitsatz
1. Auch die
Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Ausland kann zu einem
Anspruch auf Überbrückungsgeld führen; dabei dürfte es auf das
Fortbestehen eines Wohnsitzes im Inland nicht ankommen. Mit einer
Inlands- wie mit einer Auslandsgründung und unabhängig vom Wohnsitz ist
regelmäßig das Ausscheiden aus dem Pflichtversicherungssystem der
deutschen Sozialversicherung verbunden, so dass ein ausschließlich in
der Vergangenheit liegender Bezug zur Versichertengemeinschaft für die
Gewährung von Überbrückungsgeld maßgeblich ist.
2. Die
Bundesagentur für Arbeit kann sich, wenn sie einen Antrag auf
Überbrückungsgeld zu Unrecht abgelehnt hat, später nicht darauf berufen,
dass der Leistungsberechtigte zwischenzeitlich das Gewerbe wieder
aufgegeben hat.
Verfahrensgang einblendenVerfahrensgang ...
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts
Frankfurt am Main vom 4. Februar 2009 sowie der Bescheid der Beklagten
vom 25.Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.
November 2005 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger
Überbrückungsgeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 1. September
2005 bis 28. Februar 2006 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf
Überbrückungsgeld im Hinblick auf die Aufnahme einer selbständigen
Tätigkeit in Österreich.
2
Der 1966 geborene Kläger
ist Diplom-Betriebswirt. Er beantragte, nachdem er am 19. März 2005
arbeitslos geworden und ihm Arbeitslosengeld bewilligt worden war, am
16. Juni 2005 die Gewährung von Überbrückungsgeld für die Aufnahme einer
selbständigen Tätigkeit ab 1. September 2005 als Gastronom – Übernahme
der Pizzeria „B.“ – in C-Stadt, Österreich. Dazu reichte er eine von D.
unter dem 31. August 2005 gezeichnete positive Stellungnahme zur
Tragfähigkeit der Existenzgründung ein. Dieser erläuterte ergänzend in
einem Schreiben vom 26. September 2005, er sei seit April 2005 als
Unternehmensberater bei der E. Wirtschaftskammer gemeldet und von der
Bezirkshauptmannschaft C. im C-Kreis sei ihm entsprechend den
gesetzlichen Bestimmungen ein Gewerbeschein lautend auf
„Unternehmensberater einschl. der Unternehmensorganisation“ ausgestellt
worden. Er bestätige, dass er den vom Kläger erstellten Businessplan
überprüft habe und dieser zur Vorlage bei Banken und Förderstellen
geeignet sei. Auf den Businessplan (Akte der Beklagten – Aktenteil
Übergangsgeld – Bl. 7-25) wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug
genommen. Zudem bestätigte das Finanzamt F., nachdem die Beklagte den
Kläger darauf hingewiesen hatte, die Selbständigkeit müsse in der
Bundesrepublik Deutschland „steuerlich verankert“ sein, mit Schreiben
vom 28. September 2005, dass er dort „steuerlich erfasst“ sei.
3
Am 1. September 2005 meldete der Kläger sein Gewerbe bei der
Bezirkshauptmannschaft C. im C-Kreis an und nahm die Tätigkeit auf.
Dabei behielt er die gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnte Wohnung in
A-Stadt bei.
4
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.
Oktober 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Überbrückungsgeld ab,
da nur selbständige Tätigkeiten im Geltungsbereich des SGB III
gefördert werden könnten. Die Bewilligung von Arbeitslosengeld hob sie
durch Bescheid vom 3. November 2005 rückwirkend ab 1. September 2005
wegen des Wegfalls der Arbeitslosigkeit auf.
5
Unter
dem 4. November 2005 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom
25. Oktober 2005 ein. Nachdem die Beklagte diesen durch
Widerspruchsbescheid vom 17. November 2005 zurückgewiesen hatte, hat er
am 30. November 2005 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main (SG)
erhoben.
6
Im Sommer 2006 hat der Kläger das Gewerbe
aufgegeben. Am 12. Juli 2006 hat er sich sodann erneut arbeitslos
gemeldet und bis zur Aufnahme einer Beschäftigung ab 9. Oktober 2006
wiederum Arbeitslosengeld erhalten (Bescheid vom 24. Juli 2006).
7
Zur Begründung seiner Klage hat er darauf verwiesen, dass sein
Hauptwohnsitz nach wie vor in Deutschland gewesen sei und er die Gewinne
ebenfalls in Deutschland versteuert habe. Auch sei er von der Beklagten
zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden, dass das
Überbrückungsgeld nicht gewährt werden könne, obwohl diese von Anfang
gewusst habe, dass er sich in Österreich habe niederlassen wollen.
8
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 4. Februar 2009
abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, durch
Überbrückungsgeld werde nach der Dienstanweisung der Beklagten – der
zwar keine Gesetzeskraft zukomme, die aber dennoch schon aus Gründen der
Gleichbehandlung nicht unbeachtlich sei – nur die Aufnahme einer
selbständigen Tätigkeit im Geltungsbereich des Dritten Buches des
Sozialgesetzbuches (SGB III) gefördert. Im Rahmen von § 57 SGB III sei
das Ziel der Förderung zu beachten, das zwar in erster Linie in der
Beendigung der Arbeitslosigkeit des Antragstellers liege. Daneben würden
an die Förderung von Selbständigkeit aber auch die Hoffnung und
Erwartung geknüpft, dass neue Arbeitsplätze entstünden und somit eine
Entlastung des [inländischen] Arbeitsmarktes eintrete. Zudem habe der
Kläger einen ausreichenden Nachweis einer fachkundigen Stelle
hinsichtlich der Tragfähigkeit der Existenzgründung nicht vorgelegt. Die
insoweit in Frage kommenden Stellen müssten ähnlich den in § 57 Abs. 2
S. 2 SGB III beispielhaft aufgezählten institutionell abgesichert sein
und in der Öffentlichkeit als fachkundig gelten. Das sei bei dem nur bei
der E. Wirtschaftskammer gemeldeten „Büro D.“ nicht der Fall. Ferner
sei auch die Bescheinigung des Finanzamtes F-Stadt vom 28. September
2005 nicht ausreichend, da unklar bleibe, um welchen Steuerbereich es
sich handele. Dies könne aber letztlich ungeklärt bleiben.
9
Der Kläger hat nach Zustellung des Urteils am 13. Mai 2009 mit
Schreiben vom 5. Juni 2009, eingegangen beim SG am 9. Juni 2009,
Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein
bisheriges Vorbringen. Hinsichtlich der Stellungnahme der fachkundigen
Stelle führt er ergänzend aus, der Businessplan sei von der Beklagten
anstandslos akzeptiert worden. Er habe auf Grund des Sitzes des
Restaurants in Österreich auf Anraten der IHK F-Stadt eine fachkundige
Stelle dort mit der Erstellung/Überprüfung des Businessplans beauftragt;
konkret handele es sich um eine gut angesehene und bekannte
Steuerberatungskanzlei.
10
Er beantragt sinngemäß,
11
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Februar 2009
und den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2005 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. November 2005 aufzuheben und diese zu
verurteilen, ihm Überbrückungsgeld in gesetzlichem Umfang für die Zeit
vom 1. September 2005 bis 28. Februar 2006 zu gewähren.
12
Die Beklagte beantragt,
13
die Berufung zurückzuweisen.
14
Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Die Entscheidung des BSG vom
27. August 2008 (B 11 AL 22/07 R), in der das BSG einen Anspruch auf
einen Existenzgründungszuschuss auch bei Aufnahme einer selbständigen
Tätigkeit im Ausland bejaht habe, sei auf das Überbrückungsgeld nicht
übertragbar. Anders als jener habe dieses ausweislich der gesetzlichen
Regelung eine Zweckbindung; es diene – wie jetzt auch der
Gründungszuschuss – der sozialen Sicherung. Das komme beim
Überbrückungsgeld auch dadurch zum Ausdruck, dass sich dieses aus einem
Betrag, den der Geförderte als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen habe
oder bei Arbeitslosigkeit hätte beziehen können, und den darauf
entfallenden pauschalierten Sozialversicherungsbeiträgen zusammensetze.
Der Gesetzgeber habe damit zum Ausdruck gebracht, dass die selbständige
Tätigkeit im Geltungsbereich des deutschen Sozialversicherungsrechts
stattfinden und in diesem System auch abgesichert werden solle. Darüber
hinaus sei bereits der Gesetzentwurf zur Vorgängerregelung in § 55a
Arbeitsförderungsgesetz (AFG) damit begründet worden, dass eine
erfolgreiche Existenzgründung zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze
führen könne. Der Gesetzgeber habe sich insofern auch eine Entlastung
des deutschen Arbeitsmarktes versprochen.
15
Der
Kläger ist im Senatstermin am 23. September 2011 persönlich gehört
worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift zur mündlichen
Verhandlung, wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf
den Inhalt der Gerichts- und der zum Kläger geführten Leistungsakte der
Beklagten Bezug genommen.
zum Seitenanfang zum Seitenanfang
Entscheidungsgründe
16
Auf die zulässige Berufung des Klägers ist das angefochtene Urteil
des SG und die angegriffenen Bescheide aufzuheben und die Beklagte dem
Grunde nach zu verurteilen, das beantragte Überbrückungsgeld für die
Zeit vom 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 zu gewähren. Dem
Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Überbrückungsgeld zu.
17
1. Anspruchsgrundlage ist § 57 SGB III in der zuletzt durch das
Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.
Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) mit Wirkung zum 1. Januar 2005 geänderten
Fassung (SGB III F. 2005). Diese ist trotz des zwischenzeitlichen
Wegfalls des Anspruchs auf Überbrückungsgeld und dessen Ersetzung durch
den Gründungszuschuss weiterhin anwendbar: Bei dem Anspruch auf
Überbrückungsgeld handelt(e) es sich um eine Leistung der aktiven
Arbeitsförderung im Sinne von § 3 Abs. 1 und 4 SGB III. Nach § 422 Abs. 1
Nr. 3 SGB III sind Vorschriften über die Erbringung derartiger
Leistungen nach einer Änderung des SGB III weiter in der zuvor geltenden
Fassung anzuwenden, wenn die zu fördernde Maßnahme vor der Änderung
begonnen hat und die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt
wurde. Im konkreten Fall hat der Kläger das Überbrückungsgeld am 16.
Juni 2005 beantragt und die selbständige Tätigkeit am 1. September 2005
aufgenommen. Somit ist § 57 SGB III trotz der zwischenzeitlichen
Änderungen – zunächst von Abs. 3 mit Wirkung ab 31. Dezember 2005 durch
das Fünfte Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 22.
Dezember 2005 (BGBl I S. 3676) und dann insbesondere durch den Wegfall
des Anspruchs auf Überbrückungsgeld und die Einführung des
Gründungszuschusses zum 1. August 2006 durch das Gesetz zur
Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006
(BGBl I S. 1706) – weiter in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung
anzuwenden.
18
2. Danach haben Arbeitnehmer, die durch
die Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die
Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, zur Sicherung des
Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der
Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld (§ 57 Abs. 1 SGB III F.
2005). Das Überbrückungsgeld wird geleistet, wenn der Arbeitnehmer (1.)
in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen
Tätigkeit (u.a.) Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen und
(2.) eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit
der Existenzgründung vorgelegt hat (§ 57 Abs. 2 SGB III F. 2005).
19
a) Der Kläger hat zunächst durch die Übernahme der Pizzeria B. in C.
im C-Kreis eine von § 57 Abs. 1 SGB III F. 2005 erfasste selbständige,
hauptberufliche Tätigkeit aufgenommen.
20
aa) Der
Kläger war im fraglichen Zeitraum hauptberuflich in der von ihm
geführten Pizzeria in C. im C-Kreis tätig, obwohl er seinen
Hauptwohnsitz in A-Stadt beibehalten hat.
21
Den
(zeitlichen) Umfang, in dem die selbständige Tätigkeit ausgeübt werden
muss, um als hauptberuflich gelten zu können, gibt das Gesetz nicht
unmittelbar vor (vgl. hierzu und zum Folgenden: Winkler in Gagel, SGB
II/SGB III, § 57 Rdnr. 26 zu den entsprechenden Anforderungen für einen
Anspruch auf einen Gründungszuschuss). Grundsätzlich ist daher sogar die
Förderung von Teilzeittätigkeiten nicht ausgeschlossen, wenn dies für
die Tragfähigkeit der Existenzgründung ausreicht. Allerdings setzt die
Hauptberuflichkeit voraus, dass die Tätigkeit nicht anderen
Beschäftigungen, einem Studium o.Ä. untergeordnet ist, also nur den
Charakter eines Neben- oder Zusatzerwerbs hat. Der zeitliche Schwerpunkt
muss insofern auf der selbständigen Tätigkeit liegen (vgl. so auch
BT-Drs. 15/3674 S. 19 zum Gründungszuschuss).
22
Im
konkreten Fall hat der Kläger glaubhaft und nachvollziehbar angegeben,
er sei häufig montags – wenn die Pizzeria ohnehin geschlossen gewesen
sei – zurück nach A-Stadt gefahren. Mittwochs sei er dann nach C-Stadt
zurückgefahren. Den Rest der Woche habe er vor allem im Service
mitgearbeitet, außerdem alle Einkäufe erledigt. Daraus ergibt sich
deutlich und nachvollziehbar das Bild einer hauptberuflichen Tätigkeit.
Dies stimmt überdies mit seinen Angaben bei der Antragstellung überein,
er werde zukünftig 50 Stunden wöchentlich für seine Tätigkeit aufwenden.
Im Ergebnis ist der Senat überzeugt, dass der Kläger selbst im Umfang
einer Vollzeittätigkeit im Unternehmen mitgearbeitet hat.
23
bb) Der Umstand, dass der Kläger die Pizzeria übernommen, also das
Gewerbe nicht selbst aufgebaut hat, steht dem Anspruch nicht entgegen
(vgl. für viele LSG Nds.-Bremen, 11.11.2010 – L 12 AL 151/07; Stratmann
in Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, § 57 Rdnr. 3a; außerdem Winkler,
a.a.O., Rdnr. 20 wiederum zum Gründungszuschuss; zu diesem auch die
Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/1696 S. 30).
24
cc)
Weiter ist der Anspruch auf Überbrückungsgeld auch dadurch, dass der
Kläger das Gewerbe in Österreich geführt hat, nicht ausgeschlossen.
25
Dem Wortlaut des § 57 SGB III F. 2005 ist eine entsprechende
Begrenzung nicht zu entnehmen. Auch der (primäre) Zweck der Vorschrift,
nämlich die Beendigung (oder Vermeidung) von Arbeitslosigkeit des
Leistungsberechtigten, erfordert eine derartige Einschränkung nicht. Die
Arbeitslosigkeit im Inland und die Pflicht der Beklagten, entsprechende
Lohnersatzleistungen zu erbringen, entfällt bei einer Tätigkeit im
Ausland in gleicher Weise wie bei einer inländischen Existenzgründung.
Der Gesetzgeber hat allerdings, worauf die Beklagte im Ausgangspunkt
zutreffend hingewiesen hat, mit der Förderung der Aufnahme einer
selbständigen Tätigkeit zudem die Hoffnung verbunden, eine erfolgreiche
Existenzgründung könne zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze führen
(BT-Drs. 10/4211 S. 21 zur Einführung des Überbrückungsgeld in § 55a AFG
durch das 7. AFG-ÄndgG). Diese Hoffnung ist jedoch bereits in der
Gesetzesbegründung vorsichtig formuliert („kann“), vor allem aber hat
sie in der Gesetzesformulierung keinen Niederschlag gefunden.
Überbrückungsgeld war im fraglichen Zeitraum (ebenso wie der
Gründungszuschuss heute) vielmehr unterschiedslos und ohne Ermessen der
Beklagten bereits dann zu gewähren, wenn die selbständige Tätigkeit die
wirtschaftliche Existenz des Leistungsberechtigten selbst zu sichern
versprach.
26
Der zentrale Leistungszweck, nämlich die
Angewiesenheit des Betroffenen auf Entgeltersatzleistungen der
Arbeitslosenversicherung zu beenden, wird durch die Aufnahme einer
selbständigen Tätigkeit im Ausland ebenso erreicht wie bei einer
Existenzgründung im Inland. Daher ist das Territorialitätsprinzip (§ 30
Abs. 1 SGB I), auf das sich die Beklagte in der vom SG ebenfalls
herangezogenen Dienstanweisung beruft, für den Ort der Existenzgründung
nicht maßgeblich (vgl. ebs. Link in Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 Rdnr.
44 – zur entsprechenden Problematik beim Gründungszuschuss).
Dementsprechend hat das BSG (27.08.2008 – B 11 AL 22/07 R) einen
Anspruch auf einen Existenzgründungszuschuss bei Aufnahme einer
selbständigen Tätigkeit im Ausland bejaht. Die zur Begründung
herangezogenen Argumente stimmen dabei mit den obigen weitgehend
überein. Soweit die Beklagte demgegenüber darauf verweist, das BSG habe
ausgeführt, der Existenzgründungszuschuss nach § 421l SGB III weise -
anders als der Gründungszuschuss und das Überbrückungsgeld – keine
Zweckbindung zur sozialen Sicherung auf, ist dieser Unterschied
letztlich nicht entscheidend. Das BSG hat diesen Gesichtspunkt
angeführt, um das Argument zu entkräften, aus der
Rentenversicherungspflicht der Bezieher eines
Existenzgründungszuschusses (§ 2 S. 1 Nr. 10 SGB VI in der damals
maßgeblichen Fassung) folge deren Einbindung in das deutsche
Sozialversicherungssystem und damit die Beschränkung auf
Existenzgründungen im Inland. Für die Bezieher von Überbrückungsgeld
bestand aber schon gar keine Rentenversicherungspflicht im Inland. Ihre
Bindung an das deutsche Sozialversicherungssystem war daher sogar
geringer als die der Empfänger eines Existenzgründungszuschusses.
Dementsprechend fließt die Notwendigkeit der
(sozial-)versicherungsrechtlichen Absicherung nach § 57 Abs. 5 SGB III
F. 2005 auch nur in pauschalierter Form in die Berechnung des
Überbrückungsgeldes ein; entsprechende Beträge wurden an die
Berechtigten und nicht etwa (nur) direkt an entsprechende
(Sozial-)Versicherungsträger gezahlt, so dass die Leistungsberechtigten
diese durchaus auch zu einer entsprechenden Absicherung im Ausland
verwenden konnten.
27
Im Ergebnis kann auch die
Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im Ausland zu einem Anspruch auf
Überbrückungsgeld führen (vgl. ebs. LSG BW, 24.01.1990 – L 5 R 1486/88).
28
dd) Verschiedentlich wird allerdings gefordert, der
Leistungsberechtigte müsse zumindest seinen Inlandswohnsitz beibehalten
(vgl. zum Gründungszuschuss Götze in GK-SGB III, § 57 Rdnr. 9d; nicht
abschließend: Stratmann in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 57
Rdnr. 6; ohne entspr. Einschränkung alldgs. Link in Eicher/Schlegel, SGB
III, § 57 Rdnr. 44 und Winkler, a.a.O., Rdnr. 21). Das BSG musste diese
Frage in dem zitierten Urteil zum Existenzgründungszuschuss nicht
entscheiden, da es sich dort um einen Grenzpendler (nach Luxemburg)
handelte. Auch hier ist die Frage nicht entscheidungserheblich. Der
Senat ist, insbesondere auf Grund der glaubhaften Einlassung des Klägers
zur Ausgestaltung seiner Tätigkeit im Rahmen der mündlichen
Verhandlung, der Überzeugung, dass der Kläger seinen Wohnsitz in A-Stadt
nicht aufgegeben hatte.
29
Nach § 30 Abs. 3 S. 1 SGB I
hat jemand seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen
innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten
und benutzen wird. Entscheidend sind dabei allein die tatsächlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse und – anders als im Zivilrecht – nicht der
Wille, an einem bestimmten Ort einen Wohnsitz zu begründen. Der
Wohnsitz liegt dort, wo jemand den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen
hat. Er wird aufgegeben, wenn die Wohnung aufgelöst oder nicht nur
vorübergehend nicht mehr benutzt wird (vgl. BSG, 10.03.2010 – B 12 SF
2/10 S; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 30
SGB I Rdnr. 15f.).
30
Danach ist der Senat hier vom
Fortbestehen eines Wohnsitzes in A-Stadt überzeugt. Der Kläger hatte die
mit seiner Ehefrau bewohnte Wohnung gerade noch nicht aufgegeben, auch
seinen Lebensmittelpunkt noch nicht nach Österreich verlegt. Vielmehr
wollten er und seine Ehefrau erst noch abwarten, ob sich die
Existenzgründung als tragfähig erweisen würde. Nach seiner glaubhaften
Darstellung hat er selbst sich noch so regelmäßig in A-Stadt
aufgehalten, dass auch in seiner Person von dem Fortbestehen eines
Wohnsitzes dort ausgegangen werden kann. So ist er zumindest alle zwei
Wochen von Montag bis Mittwoch in der ehelichen Wohnung A-Stadt gewesen;
in C-Stadt hat er nur in einem zur Gaststätte gehörigen Zimmer gewohnt.
Der Wohnsitz beider Eheleute sollte erst in die Nähe der Gaststätte
verlegt werden, wenn sich deren Tragfähigkeit nach einer Probephase
bewährt hätte. Ganz entsprechend hat der Kläger in Deutschland seine
Steuererklärung abgegeben und seinen Wohnsitz in A-Stadt auch
melderechtlich beibehalten.
31
Vor diesem Hintergrund
ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung des Senats
die maßgeblichen Gesichtspunkte, die für eine Gewährung von
Überbrückungsgeld bei einer Existenzgründung im Ausland sprechen, auch
bei einer Aufgabe des Inlandswohnsitzes gelten. Entscheidend dürfte
insofern wiederum sein, dass die Förderung in erster Linie darauf zielt,
die Arbeitslosigkeit und damit den Bezug von Entgeltersatzleistungen zu
beenden, wobei dies durch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit
geschehen soll. Damit ist bei einer Inlands- wie bei einer
Auslandsgründung und unabhängig vom Wohnsitz regelmäßig das Ausscheiden
aus dem Pflichtversicherungssystem der deutschen Sozialversicherung
verbunden, so dass allein ein ausschließlich in der Vergangenheit
liegender Bezug zur Versichertengemeinschaft für die Leistungsgewährung
maßgeblich ist (vgl. in diesem Sinne auch das BSG in der bereits
zitierten Entscheidung v. 27.08.2008 – B 11 AL 22/07 R). Wegen der damit
verbundenen Entlastung des inländischen Arbeitsmarktes sieht im Übrigen
§ 45 Abs. 2 SGB III jedenfalls in seiner heutigen Fassung die
Unterstützung einer Beschäftigungsaufnahme in der Europäischen Union,
einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums oder der
Schweiz sogar ausdrücklich vor, obwohl bei einer Beschäftigungsaufnahme
auf Grund der damit verbundenen Sozialversicherungspflicht der
Inlandsbezug sogar größeres Gewicht hat. Die – im Wortlaut des Gesetzes
nicht vorgesehene – Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes ist im Ergebnis
auch vom Zweck des Anspruchs auf Überbrückungsgeld nicht verlangt, so
dass es auf die Frage, ob entsprechende Differenzierungen
europarechtskonform sein könnten, gar nicht mehr ankäme.
32
b) Weiter hat die notwendige Stellungnahme einer fachkundigen Stelle
zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegen. Als fachkundige
Stelle gelten nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 HS. 2 SGB III F. 2005 insbesondere
die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständischen
Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Die Aufzählung ist nicht
abschließend (vgl. für viele Senat, 21.11.2008 – L 7 AL 166/06). Die
„Insbesondere-Regelung“ führt allerdings zu einer Begrenzung der dem
Antragsteller grundsätzlich eröffneten Auswahlmöglichkeit. Entscheidend
ist, ob die gewählte Stelle in vergleichbarer Weise wie die gesetzlich
genannten als fachkundig gelten kann und dies - jedenfalls in gewissem
Maße – institutionell abgesichert ist (vgl. ähnlich Link, a.a.O, Rndr.
68, der allerdings zusätzlich auf eine entsprechende Geltung „in der
Öffentlichkeit“ abstellt, wobei nicht recht zu erkennen ist, warum es
auf den mehr oder minder gerechtfertigten „guten Ruf“ etwa von Banken in
der Öffentlichkeit ankommen soll).
33
Daher kommen
auch Steuer- und Unternehmensberater als fachkundige Stelle in Betracht
(vgl. ausdrkl. Bernard in Kasseler Handbuch zum Arbeitsförderungsrecht, §
9 Rdnr. 110 und LSG SH, 11.12.2009 – L 3 AL 28/08; ähnlich Petzold,
a.a.O., Rdnr. 19; auch in der Rspr. finden sich vielfach Fälle, in denen
ein Steuerberater als fachkundige Stelle tätig war, ohne dass dies als
problematisch angesehen worden wäre, vgl. nur LSG Nds.-Bremen,
11.11.2010 – L 12 AL 151/07 und LSG BW, 18.05.2009 – L 19 AL 71/08).
Bedenken, die etwa die Bundesregierung in ihrem „Bericht 2005 zur
Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (BT-Drs. 16/505
S. 116) hinsichtlich der Qualität der von Steuerberatern erstellten
Tragfähigkeitsbescheinigungen geäußert hat, können nach der maßgeblichen
(aber auch noch nach der gegenwärtigen) Gesetzeslage nicht dazu führen,
Steuer- und Unternehmensberater aus dem Kreis der grundsätzlich als
fachkundig in Betracht kommenden Stellen auszunehmen. So nennt das
Gesetz ausdrücklich auch Kreditinstitute. Damit sind Personen ohne
öffentlich-rechtliche Bindung und einer damit verbundenen
Neutralitätsgewähr in den Kreis der Stellen mit „gesetzlich vermuteter
Sachkunde“ aufgenommen. Auch bei Kreditinstituten kann aber nicht
unbesehen angenommen werden, dass sie sich bei der Beurteilung
selbstverständlich an Standards halten, die geeignet sind, im
öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass Existenzgründungsvorhaben
nur nach eingehender Prüfung ihrer Tragfähigkeit gefördert werden;
vielmehr ist bei Kreditinstituten sogar ein erhebliches Eigeninteresse
an der Förderung denkbar, wenn sie etwa das Gründungsvorhaben
finanzieren, ohne dass dies zu einer Begrenzung des Kreises potentiell
fachkundiger Stellen geführt hätte. Daher kann es für die Anerkennung
als fachkundige Stelle nur darauf ankommen, ob diese berufstypisch mit
der Begleitung und Beurteilung unternehmerischer Tätigkeiten befasst
ist. Das ist bei Steuerberatern, Unternehmensberatern und
Wirtschaftsprüfern in ähnlicher Weise der Fall wie bei Kreditinstituten.
Sofern nicht branchenspezifische Besonderheiten eine Rolle spielen,
sondern es um ein in keiner Weise außergewöhnliches Gewerbe wie den
Betrieb einer Pizzeria geht und keine Hinweise auf deren unzureichende
Qualifikation zur Beurteilung des konkreten Existenzgründungsvorhabens
bestehen, muss daher auch deren Stellungnahme als fachkundig akzeptiert
werden. In diesem Sinne hat auch die Beklagte gerade in der von ihr zu
den Akten des Sozialgerichts gereichten Durchführungsanweisung zur
Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 57 SGB III –
Stand 02.01.2006 – unter Ziffer 57.21 formuliert, in begründeten Fällen
könnten einzelne Stellen von der Begutachtung ausgeschlossen werden.
Dazu bedürfe es jedoch einer individuellen Prüfung. Ein genereller
Ausschluss bestimmter Stellen (z.B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer)
sei nicht möglich.
34
Der vom Kläger beauftragte
Unternehmensberater D. ist nach dessen glaubhaften Angaben im Schreiben
vom 26. September 2005 bei der örtlich zuständigen E. Wirtschaftskammer
gemeldet und Inhaber eines entsprechenden Gewerbescheins. Er ist – aus
dem Schreiben erkennbar – Mitglied einer mehrköpfigen
Steuerberatungsgesellschaft, der G., H. & J. GmbH & Co. KEG, C.
in C-Stadt. Überdies ist gerade bei einem Gewerbe wie einer Pizzeria die
Vertrautheit mit der Situation und den Marktaussichten vor Ort von
größter Bedeutung. Insofern beruht die Auswahl der fachkundigen Stelle,
die der Kläger getroffen hat, auf nachvollziehbaren Erwägungen. Nachdem
ihm das Gesetz eine Wahlmöglichkeit unter den grundsätzlich in Betracht
kommenden fachkundigen Stellen einräumt (vgl. Senat, 21.11.2008 – L 7 AL
166/06 und LSG SH, 11.12.2009 – L 3 AL 28/08), ist von ihm Weiteres in
diesem Zusammenhang nicht zu verlangen – und die Beklagte selbst hat,
nachdem der Kläger auf ihre Aufforderung hin das erläuternde Schreiben
der fachkundigen Stelle vom 26. September 2005 vorgelegt hatte,
diesbezüglich keine weiteren Bedenken formuliert.
35
Auch inhaltlich ist die vorgelegte Bescheinigung nicht zu beanstanden.
Die fachkundige Stelle hat das von der Beklagten herausgegebene
Formblatt benutzt. Diese muss sich an ihr eigenes Formblatt binden
lassen (so auch Senat, 21.11.2008 – L 7 AL 166/06), auch wenn es eine
Kürzeststellungnahme durch Ankreuzen der „Ja“-Felder nahelegt. Überdies
ist der vom Kläger bei der Beklagten eingereichte und von der
fachkundigen Stelle geprüfte und für tragfähig erachtete Businessplan
vergleichsweise ausführlich und aussagekräftig, wobei in diesem
Zusammenhang die eigene Qualifikation des Klägers als
Diplom-Betriebswirt eine Rolle gespielt haben dürfte.
36
Die notwendige Stellungnahme einer fachkundigen Stelle liegt damit
vor. Weitere Voraussetzungen hinsichtlich der Tragfähigkeit des
Vorhabens und der persönlichen Eignung des Klägers waren zum
maßgeblichen Zeitpunkt gesetzlich nicht verlangt. Vielmehr stand der
Beklagten – bis zur Grenze evident unzutreffender Einschätzungen der
fachkundigen Stelle – eine eigene inhaltliche Beurteilungskompetenz
nicht zu (vgl. nur Stratmann in Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, § 57
Rdnr. 9 und LSG SH, 11.12.2009 - L 3 AL 28/08).
37
c)
Der Kläger hat bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit – bzw.
zunächst sogar bis 16. September 2005, wobei die Beklagte die
Überzahlung durch den Bescheid vom 3. November 2005 korrigiert hat –
Arbeitslosengeld erhalten. Eine Restlaufzeit der Entgeltersatzleistung
bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit war im fraglichen Zeitraum
nicht verlangt.
38
d) Die Aufnahme der selbständigen
Tätigkeit hat weiter zum Wegfall der Arbeitslosigkeit geführt. Auch
lässt der Umstand, dass zwischenzeitlich feststeht, dass die
Existenzgründung – jedenfalls ohne die streitigen Leistungen – doch
nicht tragfähig war, den Leistungsanspruch nicht entfallen.
39
Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Leistung als
verlorener Zuschuss erbracht wird, so dass das Scheitern der
Existenzgründung den Leistungsanspruch grundsätzlich nicht
beeinträchtigt (vgl. Bernard, a.a.O., Rdnr. 16). Dementsprechend erfolgt
die Beurteilung sowohl der Tragfähigkeit wie des Wegfalls der
Arbeitslosigkeit prognostisch (vgl. hierzu Stratmann, a.a.O., 3. Aufl., §
57 Rdnr. 5). Der Beklagten war dabei, wie bereits erwähnt, nach der
damaligen gesetzlichen Lage grundsätzlich kein eigenes Prüfungsrecht
eingeräumt. § 57 SGB III F. 2005 beschränkte sich vielmehr darauf, die
Vorlage einer Stellungnahme von einer fachkundigen Stelle über die
Tragfähigkeit der Existenzgründung zu verlangen.
40
Um
die Effektivität gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des
Grundgesetzes) zu wahren, kann sich zudem ein Leistungsträger, der eine
Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, regelmäßig hinterher nicht darauf
berufen, der Zweck der Leistung sei nicht mehr erreichbar (vgl. zu
diesem Gesichtspunkt bei der nachträglichen Erbringung von
Sozialhilfeleistungen BVerwG, 30.04.1992 – 5 C 1/88). Das gilt umso
mehr, als nach der nicht unplausiblen Einschätzung des Klägers nicht
auszuschließen ist, dass das Scheitern der Existenzgründung gerade auf
die rechtswidrige Ablehnung der Leistungen zurückzuführen ist.
Schließlich wurde der primäre Zweck des Überbrückungsgeldes - nämlich
das Ausscheiden aus dem Arbeitslosengeldbezug – immerhin für den
streitigen Zeitraum (und sogar noch einige Monate darüber hinaus)
erreicht.
41
e) Im Ergebnis steht dem Kläger ein
Anspruch auf Überbrückungsgeld ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der
selbständigen Tätigkeit, also ab dem 1. September 2005, zu. Die Leistung
ist für sechs Monate zu erbringen (§ 57 Abs. 3 S. 1 SGB III F. 2005);
der Leistungszeitraum reicht hier also bis zum 28. Februar 2006.
42
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43
3. Die Revision war nicht zuzulassen. Grundsätzlich Bedeutung hätte,
wenn überhaupt, nur dann vorgelegen, wenn ein fortbestehender
Inlandswohnsitz sich nicht sicher hätte feststellen lassen. Dann wäre
die bislang höchstrichterlich nicht geklärte – und wohl für § 57 SGB III
F. 2005 in gleicher Weise wie für die heutige Fassung zu beantwortende –
Frage entscheidungserheblich, ob ein solcher als Voraussetzung für die
Förderung einer Existenzgründung im Ausland überhaupt notwendig ist.
44
Der von der Beklagten angeführte Grund für die von ihr beantragte
Zulassung der Revision greift nach Auffassung des Senats nicht durch.
Die Beklagte hat insofern geltend gemacht, die zitierte Rechtsprechung
des BSG zu einem Anspruch auf einen Existenzgründungszuschuss bei einer
Auslandsgründung sei auf das Überbrückungsgeld und den Gründungszuschuss
nicht übertragbar. Anders als jener hätten diese ausweislich der
gesetzlichen Regelung eine Zweckbindung; sie dienten der sozialen
Sicherung. Diese Überlegungen dürften die Zulassung der Revision
rechtfertigen, wenn hier über einen Gründungszuschuss zu entscheiden
wäre; da Gegenstand des Rechtsstreits aber ein Anspruch auf
Überbrückungsgeld ist, fehlt es ihm an grundsätzlicher Bedeutung.
Betrifft eine Rechtsfrage außer Kraft getretenes oder auslaufendes
Recht, so ist die Klärungsbedürftigkeit in der Regel zu verneinen (vgl.
Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 9. Aufl. 2008, § 160 Rdnr.
8d). Die Rechtsfrage, deren Klärung aus Sicht der Beklagten geboten
wäre, betrifft die Frage nach der möglicherweise unterschiedlichen
Zweckbindung zweier nach der gegenwärtigen gesetzlichen Lage nicht mehr
existierender Ansprüche, nämlich des Anspruchs auf Überbrückungsgeld
einerseits und des Anspruchs auf Gründungszuschuss andererseits, und
deren Relevanz für die Förderung von Auslandsgründungen. Auch wenn die
Vorschriften über das Überbrückungsgeld einerseits und den
Gründungszuschuss in vielem übereinstimmen, kann gerade eine
vergleichsweise abstrakte Frage wie die nach der Zweckbindung des
Anspruchs für beide dennoch, etwa auf Grund der jeweiligen
Gesetzesgeschichte, unterschiedlich zu beantworten sein. Es ist daher
nicht zu sehen, dass die – allein für das aktuell geltende Recht
bedeutsame Frage – nach der Zweckbindung des Gründungszuschuss im
hiesigen Verfahren klärungsbedürftig und – fähig wäre.
zum Seitenanfang zum Seitenanfang
Hinweis:
Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen
Gerichte ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende
Dokumentation durch die obersten Bundesgerichte erfolgt.
http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/s15/page/bslaredaprod.psml?&doc.id=JURE110018530%3Ajuris-r01&showdoccase=1&doc.part=L
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2011/10/uberbruckungsgeld-grundungszuschuss.html
Gruß Willi S
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