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: Entziehung/Versagungsbescheid

Seit der Neufassung des § 39 SGB II zum 01.04.2011 ist eine Entziehung der bewilligten Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht mehr sofort vollziehbar gemäß § 39 Nr. 1 SGB II Bayerisches Landessozialgericht,Beschluss 04.2012, - L 7 AS 222/12/B ER


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Unzumutbarkeit von Arbeit des wichtigen Grundes Paragraph 10 SGB II Interne Arbeitshilfe der Bundesagentur für Arbeit zum SGB II „Das A-Z des wichtigen Grundes“

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Beitrag von Willi Schartema Mo 16 Jul 2018 - 7:04

Die BA hat eine interne Dienstanweisung zu wichtigen Gründen, wann die Aufnahme oder Ablehnung einer Arbeit, Ausbildung oder vergleichbaren Maßnahme in Sinne von § 10 SGB II  unzumutbar ist oder sein kann. Der wichtige Grund ist immer im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der auferlegten Pflichten zu sehen. Neu aufgenommen wurde, dass eine Leistungsberechtigung nach § 67 SGB XII ein Indiz für das Vorliegen eines wichtigen Grundes sein kann. Die Weisung „Das A-Z des wichtigen Grundes“ gibt es hier: 


Das A-Z des wichtigen Grundes 

Bitte beachten: Der wichtige Grund ist immer im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der auferlegten Pflichten zu sehen.

Nie vergessen: Die Entscheidung zum wichtigen Grund muss für Dritte nachvollziehbar dokumentiert werden!



Abfindung Erhalt einer Abfindung ist - für sich allein genommen - kein wichtiger Grund, das Beschäftigungsverhältnis zu beenden. 

Alkoholgenuss Ein wichtiger Grund liegt grundsätzlich nicht vor, wenn der Kunde wegen Alkoholgenuss vertragliche Pflichten nicht erfüllt (erfüllen kann). Gilt entsprechend bei alkoholisiertem Auftritt bei einem AG nach VV. Ausnahme: Krankhafte Alkoholsucht (ÄG einleiten). a) Bei Arbeitsaufgabe in der Zukunft (z. B. absehbarer Ortswechsel) ist schon während der Kündigungsfrist Bemühen des Kunden um einen Anschlussarbeitsplatz erforderlich, um den Eintritt der Arbeitslosigkeit/ Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Frühzeitige Asu-Meldung bei der AA erfolgt? Bewerbungen des Kunden? 


Anschlussarbeitsplatz  b) Arbeitsaufgabe geschieht mit wichtigem Grund, wenn Anschlussarbeit konkret in Aussicht (Nachweis!) und Kündigung zum spätestmöglichen Termin. Bei den Anforderungen für den Nachweis branchenübliche Gepflogenheiten beachten. In einigen Branchen sind schriftliche Zusagen unüblich. Ggf. beim AG nachfragen. 

Arbeitsbedingungen     Können die Aufgabe der Tätigkeit rechtfertigen, wenn diese für Arbeitnehmer unzumutbar (z. B. Rechtsverstöße) sind. Prüfung erforderlich, welche Schritte der Kunde unternommen hat, um diese - falls möglich - zu ändern, bevor er zum letzten Mittel, der Kündigung, gegriffen hat. 


Arbeitsgericht       


Urteil/Vergleich gute Entscheidungshilfe. Entscheidend ist nicht das Ergebnis (z. B. Umwandlung fristlose in fristgerechte Kündigung), sondern die Feststellungen, die im Zusammenhang mit der Beendigung der Tätigkeit dem Urteil/dem Vergleich zu entnehmen sind (z. B. Feststellungen zum vertragswidrigen Verhalten). Zwar keine unmittelbare Bindung an Urteil, aber wenn keine sofortige Sanktionsentscheidung möglich, vorläufige Bewilligung mit Minderung (und Anzeige Anspruchsübergang beim AG!). WV setzen, Urteil/Vergleich abfordern. 


Arbeitsverhältnis, zerrüttetes Wenn zwischen AG und AN eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist, weil keine Basis für die Zusammenarbeit mehr besteht, kann dies eine Arbeitsaufgabe rechtfertigen. Warum zerrüttet? Beteiligung des Arbeitnehmers? Vertragswidriges Verhalten?


Arbeitsunfähigkeit       


bei Meldeversäumnis Ist in der Regel ein wichtiger Grund. Nachweis durch AUB erforderlich. Wenn der Kunde sich dauerhaft der Arbeitsvermittlung/Beratung durch AUB zu entziehen versucht, ist mit der nächsten Einladung auf das Erfordernis einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung im Krankheitsfall hinzuweisen. Häufige kurzfristige Arbeitsunfähigkeiten können ein Hinweis sein, die Strategie im Umgang mit dem Kunden zu ändern. Maßnahmeplanung überprüfen. Einladungen grundsätzlich mit Wirkung für den ersten Tag der Gesundung aussprechen (§§ 59 SGB II iVm 309 (3) S. 3 SGB III).    


Befristung Ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit unerheblich.     Berufsschutz Gibt es grundsätzlich nicht. Siehe § 10 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB II      Beseitigung des wichtigen Grundes Wenn möglich, muss der Arbeitnehmer versuchen, einen etwaig vorliegenden wichtigen Grund auszuräumen, bevor er das Arbeitsverhältnis beendet. Nicht erforderlich bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit.       


 Beweislast Grundsätzlich geteilt, auch wenn das SGB II im Wortlaut einen Nachweis durch den Kunden fordert. Persönliche Umstände = Kunde, Sphäre des AG/Trägers = gE. Zu beachten ist, dass auch die Beweislast zur Zumutbarkeit beim Jobcenter liegt. Jedoch sind Gründe, die in der Sphäre oder im Verantwortungsbereich der Leistungsberechtigten liegen, durch diese nachzuweisen. Ggf. ist die Zumutbarkeit durch vorgetragene Gründe in der Anhörung erneut zu bewerten.       Bezahlung Siehe Vergütung       


 Einladung/VV nicht erhalten Wichtiger Grund liegt bei Versand mit einfacher Briefpost vor. Zukünftig Zugang der Schreiben sicherstellen (PZU/persönliche Übergabe etc) siehe Hinweis bei "Arbeitsunfähigkeit bei Meldeversäumnis" Fahrweg Siehe Pendelzeiten           geringfügige Tätigkeit (Minijob) Geringfügigkeit oder fehlende Lukrativität ist kein Grund zur Arbeitsaufgabe, solange keine besser bezahlte Anschlussarbeit zur Verfügung steht. Auch die Minderung/Beendigung der Hilfebedürftigkeit durch die Aufnahme eines Minijobs ist zumutbar.                  


Minderung gem. § 31 Abs. 2 Nr. 4 (Sperrzeitfiktion) ist nicht möglich, weil durch die Aufgabe einer geringfügigen Tätigkeit Arbeitslosigkeit nicht herbeigeführt wird. Sanktion wegen absichtlicher Verminderung des Einkommens zur Erhöhung des AlgIIAnspruchs zu prüfen (§ 31 Abs. 2 Nr. 1).

Gewissensgründe                      


Können einen wichtigen Grund darstellen. Einzelfallentscheidung. Umfangreiche Stellungnahme des Kunden erforderlich. Auch religiöse Gründe können einen wichtigen Grund zur Unzumutbarkeit einer Arbeit darstellen. Es ist eine Einzelfallabwägung zwischen der typischen Lebensweise und den kulturellen oder religiösen Konflikten und Tabus, die die Ausübung einer bestimmter Beschäftigungen zur Folge hätte, vorzunehmen.                                


Irrtum über den wichtigen Grund Maßgeblich ist allein, ob ein wichtiger Grund nach objektiven Maßstäben vorliegt. Die subjektive Wahrnehmung des Leistungsberechtigten ist für die Entscheidung unbeachtlich. Siehe                                  


"Kenntnis des wichtigen Grundes". Kenntnis des wichtigen Grundes Leistungsberechtigter muss den wichtigen Grund nicht zwingend kennen. Beispielsweise liegt keine Pflichtverletzung vor, wenn der Leistungsberechtigte aus nicht wichtigem Grund gekündigt hat und ein anderer wichtiger Grund sich im Rahmen der Sachverhaltsermittlung herausstellt. 

Kinderbetreuung Es ist durch den pAp zu prüfen, ob die Arbeit zumutbar ist. Maßstab ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II: Alter des Kindes (unter 3 Jahre immer unzumutbar, 3-14 Jahre bei Aufsichtsbedürftigkeit (KITA-/Schulzeiten)), bei Arbeitsaufgabe alle anderen Möglichkeiten (TZ oder Verlegung der AZ) ausgeschöpft? Thematisierung der Kinderbetreuung durch den pAp. Kommunale Leistungen zur Kinderbetreuung möglich? 

Kinderbetreuung, Ausfall der Bei Meldeversäumnis liegt ein wichtiger Grund für Nichterscheinen vor, wenn dies unvorhergesehen und unabweisbar war. 

Leistungsfähigkeit Kann ein wichtiger Grund sein bzw. die Unzumutbarkeit einer bestimmten Arbeit bedeuten: Attest vorhanden? Rat des Arztes zur Arbeitsaufgabe? Zu welchem Zeitpunkt? Bemühen um anderen Arbeitsplatz im Betrieb? Ggf. Fachdienste einschalten Bei vermittlungsrelevanten Einschränkungen ggf. auch zusätzlich ÄD einschalten (Feststellung Leistungsvermögen). 


Lohnrückstand Kann einen wichtigen Grund für die Aufgabe der Tätigkeit darstellen, wenn trotz entsprechender Anmahnung durch den AN der AG über einen längeren Zeitraum mit der Vergütung erheblich in Verzug ist.


Bei Leistungsbewilligung ggf. Anspruchsübergang beim AG anmelden! 



Mobbing Ist ein wichtiger Grund bzw. die Unzumutbarkeit nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB II einer bestimmten Arbeit bedeuten. Pietät und Datenschutz bei der Sachverhaltsaufklärung beachten! Umfangreiche Stellungnahme erforderlich. Dauer/Intensität einbeziehen. Damit ist insbesondere die Beschäftigung beim früheren Arbeitgeber aus seelischen Gründen nicht mehr zumutbar.

Pendelzeiten

 3 Std bei VZ zumutbar. Bei zu langen Pendelzeiten Möglichkeit der getrennten Haushaltsführung (und ggf. Umzug) prüfen. 


Pflege von Angehörigen

 Ist bei Nachweis durch Pflegebescheid ein wichtiger Grund bzw. begründet die Unzumutbarkeit einer Arbeit nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB II, wenn die Pflege die Arbeit daneben nicht zulässt. Die Unzumutbarkeit einer Arbeit wird lediglich für die Pflege von Angehörigen gesetzlich normiert (Ausnahme: sittliche Verpflichtung). Es ist insbesondere der Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe) für die Beurteilung im Einzelfall heranzuziehen. Die sich im Bezug zur individuellen Pflegeperson ergebenden Einschränkungen hinsichtlich Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit sind zu berücksichtigen. Sind kommunale Leistungen nach § 16a SGB II zur häuslichen Pflege möglich? 


Probezeit 


Ist sowohl für die AN-Kündigung als auch AG-Kündigung ohne Belang. Minderung ist trotzdem zu prüfen. 


Prostitution


Ist nie zumutbar. Prostitution ist auch unzumutbar, wenn sie in der Vergangenheit bereits ausgeübt wurde (sonstiger wichtiger Grund nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB II). Auch die Förderung mit Leistungen zur Eingliederung in Arbeit ist im Bereich Prostitution untersagt (s. Fachliche Hinweise zu § 16 SGB II). 


Sachverhaltsaufklärung


 Ist i. d. R. das größte Problem. Kann der Sachverhalt nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden, kann eine Sanktion nicht eintreten. Beweislast beachten. Auch bei der Beurteilung der Zumutbarkeit sind Gründe, die in der Sphäre oder im Verantwortungsbereich der Leistungsberechtigten liegen, durch diese nachzuweisen. Bei Arbeitsaufgabe möglichst telefonische Rückfragen beim AG bevorzugen (schneller, mehr Informationen, Nachfragen möglich).


 Schwangerschaft


 Kann ein wichtiger Grund bzw. die Unzumutbarkeit für eine Arbeits-/ Ausbildungs- oder Maßnahmeablehnung sein; ist danach zu beurteilen, wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten ist und nach der Art des Angebots. Im letzten Schwangerschaftsdrittel ist ein Arbeits-, Ausbildungsangebot, AGHZuweisungen oder Maßnahmeangebot kaum mehr sinnvoll, insbesondere weil der AG die Bewerberin im Zweifel nicht einstellen wird bzw. eine Maßnahme nicht erfolgreich bis zum Ende abgeschlossen werden kann. Generell ist die Erforderlichkeit nach § 3 i. V. m. § 14 SGB II zur Eingliederung in Arbeit auch bei Schwangeren zu beachten. D. h. auch Schwagere sollten nur in sinnvolle Aktivitäten und zumutbare Integrationsschritte bezogen auf den Einzelfall eingebunden werden.

sexuelle Belästigung

Ist ein wichtiger Grund. Pietät und Datenschutz bei der Sachverhaltsaufklärung beachten! Umfangreiche Stellungnahme erforderlich. Aus seelischen Gründen ist daher eine Beschäftigung beim früheren Arbeitgeber unzumutbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB II).

Sittenwidrigkeit


 Führt zur Unzumutbarkeit. Sittenwidrigkeit = 30 % unter Tarif oder ortsüblicher Vergütung Teilzeit Ist zumutbar, auch wenn der Kunde VZ arbeiten möchte. 

Termin vergessen

 Ist i. d. R. kein wichtiger Grund; allerdings gilt zu bedenken, dass sich hinter dem Vergessen vielfältige Gründe verbergen, wie etwa bloßes Desinteresse, Unordentlichkeit, aber auch Desorganisation und Überforderung sowie weiteres; umfassende Aufklärung des Hintergrundes erforderlich. Bei erstmaligem Vorkommnis kann bei U25 die Sanktion auf sechs Wochen verkürzt werden. Soweit das "Vergessen" durch schwerwiegende persönliche oder soziale Problemlagen verursacht wird, kann ein wichtiger Grund vorliegen; Maßnahmen einleiten.


 Überstunden

 Sind, sofern im Rahmen des Arbeitsrechts zulässig, kein wichtiger Grund für eine Eigenkündigung. Zu beachten sind ggf. gesundheitliche Gründe, sonstige Einschränkungen wie z. B. gesetzliche Einschränkungen bei besonderen Personenkreise (z. B. Schwangere). Liegt ein ärztliches Attest vor? Hat der eLb konkrete Schritte gegenüber dem Arbeitgeber unternehmen, um die Umstände zu ändern.

 Vergütung

Jede Vergütung ist zumutbar, es sei denn, sie verstößt gegen Recht (z. B. allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, gesetzliche Mindestlöhne) oder ist sittenwidrig (30 % unter Tarif/ortsüblicher Vergütung).

 Vorstellungsgespräch 

Ein Vorstellungsgespräch, das auf den Tag des Meldetermins fällt, ist bei Nachweis ein wichtiger Grund


 Wohnungslosigkeit

Insbesondere eine Leistungsberechtigung nach § 67 SGB XII kann ein Indiz für das Vorliegen eines wichtigen Grundes sein. Die Hilfen zur Überwindung von besonderen sozialen Schwierigkeiten werden nur erbracht, wenn Betroffene dazu aus eigener Kraft nicht fähig sind. Auch für diese Fallgestaltungen sind durch die IFK die Besonderheiten des Einzelfalles bei der Beurteilung eines wichtigen Grundes zu berücksichtigen; er kann nicht generell anerkannt werden. 

Bereits bei der Unterbreitung von Angeboten ist durch die IFK zu prüfen, ob den Betroffenen eine Arbeit oder Maßnahme nach § 10 SGB II zumutbar ist. Bei Meldeversäumnissen ist zu klären, aus welchen Gründen es den Betroffenen unmöglich/erschwert war, Termine und Vorsprachen im JC wahrzunehmen. Gesundheitliche Aspekte (z. B. Suchterkrankung, psychische Beeinträchtigung) sind dabei ebenfalls heranzuziehen. Diese Aspekte sind im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. 

Quelle:     https://harald-thome.de/fa/redakteur/Harald_2018/Sanktionen-A-Z.pdf

Quelle:  https://tinyurl.com/ybdmlzdh 


Quelle: https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/tickerarchiv/d/n/2383/
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