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Köln: Bildungspaket - Lehrer strecken Fahrtkosten vor Wer auf staatliche Hilfe aus dem Bildungspaket hofft, muss viel Geduld haben. Allein der Antrag auf Zuschüsse für eine Klassenfahrt hat zwölf Seiten.
Wartezeiten über sechs Monaten sind üblich. Deshalb strecken oft Klassenlehrer das Geld vor.
Bildungspaket
Lehrer strecken Fahrtkosten vor
Von Helmut Frangenberg, 23.05.12, 09:29h, aktualisiert 23.05.12, 13:13h
Wer auf staatliche Hilfe aus dem Bildungspaket hofft, muss viel Geduld haben. Allein der Antrag auf Zuschüsse für eine Klassenfahrt hat zwölf Seiten. Wartezeiten über sechs Monaten sind üblich. Deshalb strecken oft Klassenlehrer das Geld vor.
Wer Fahrkosten über das Bildungspaket beantragen will, braucht eine lange Geduldsschnur.
Tausende Anträge von Kölner Eltern auf staatliche Hilfe aus dem Bildungspaket der Bundesregierung haben offensichtlich zu einem Bearbeitungsstau geführt. Schulen und Familien müssen zum Teil monatelang auf ihr Geld warten. In einem Brief an eine Familie aus Vingst, die vor sechs Monaten Zuschüsse für die Klassenfahrt ihres Kindes beantragt hat, schreibt das zuständige Kölner Jobcenter, wie es sich den Umgang mit dem Problem vorstellt: „In vielen Fällen wurden und werden die Kosten vom Klassenlehrer vorgestreckt.“
Was das konkret bedeutet, haben drei Lehrer der achten Klassen an der Realschule in der Mülheimer Lasallestraße erlebt: 2860 Euro fehlten, als der gebuchte Centerpark in Belgien in der vergangenen Woche sein Geld haben wollte. Den Lehrern blieb nichts anderes übrig, als von heute auf morgen das Geld ranzuschaffen. „Skandalös“, findet das Schulleiter Horst Jacquemot.
„Das ist ein Riesenbürokratiemonster“
In der Gemeinschaftsgrundschule Gathestraße in Riehl fuhren im März die zweiten Schuljahre gemeinsam nach Blankenheim. Sieben Kinder hatten das Recht auf Unterstützung aus dem neuen Bildungspaket der Bundesregierung. Monatelang wartete man auf die Bewilligungen. „Kein Lehrer lässt ein Kind zu Hause“, sagt eine Lehrerin. Das würden Arbeitsagentur und Stadt, die gemeinsam das Jobcenter tragen, offensichtlich ausnutzen. „Eine Zumutung“ sei das. Und keiner wisse, wie lange er denn auf das vorgestreckte Geld warten müsse.
„Das ist ein Riesenbürokratiemonster“, sagt Schulsozialarbeiter Werner Welschoff. Auch seine Stelle an der Riehler Grundschule ist aus dem Bildungspaket finanziert worden. Eine seiner Aufgaben ist, den Familien die leistungsberechtigt sind, dabei zu helfen, die staatliche Unterstützung zu bekommen, die ihr neuerdings zusteht. „Wenn ich allen beim Ausfüllen der Anträge helfe, komme ich zu nichts anderem mehr.“ Eigentlich müsste ein Sozialarbeiter doch andere Aufgaben erledigen, „als sich ins Büro zu setzen“. Die Grundidee des Bildungspakets sei toll, die Umsetzung nicht.
Allein der Antrag auf Zuschüsse für die Klassenfahrt habe zwölf Seiten. Gerade bildungsferne Eltern, für die die Hilfen gedacht sind, können diese bürokratische Hürde kaum alleine nehmen. Doch auch die Sachbearbeiter des Jobcenters, die diese Anträge dann bearbeiten müssen, sind offensichtlich überfordert. Der Aufwand ist für die rund 20 Mitarbeiter, die dafür beschäftigt wurden, wohl zu groß – sie mussten bislang 35 000 Anträge bearbeiten.
Rückstau der Anträge
Noch schlimmer als bei den Klassenfahrten sei der Umgang mit Anträgen auf Zuschüsse für einen Nachhilfeunterricht. Hier hat sich die Bundesregierung als Bedingung ausgedacht, dass die Kinder versetzungsgefährdet sein müssen, um Zuschüsse bekommen zu können – ein Anachronismus in Zeiten, wo überall über das Abschaffen des Sitzenbleibens diskutiert wird und einige Schulen dies bereits umsetzen. Ausschlaggebend für die Bewilligung sind Fünfen auf den Halbjahreszeugnissen der Kinder. „Wenn man dann aber ein halbes Jahr auf die Bewilligung warten muss, ist das Schuljahr zu Ende“, sagt Jacquemot. Über die mögliche Versetzung ist längst entschieden, nachträgliche Nachhilfe nützt wenig.
Das Jobcenter räumt den Rückstau der Anträge ein. „Das liegt an der hohen Zahl der Anträge“, sagt Sprecherin Silke Martmann-Sprenger. Die Begründung überrascht ein wenig, wenn man bedenkt, dass alle staatlichen Stellen von der Bundesregierung bis zur Stadt monatelang die schleppende Verbreitung des Angebots beklagten und auch jetzt noch längst nicht alle die Zuschüsse abrufen, die ihnen zustünden.
Nachhilfe wegen hoher Hürden „Extrabaustelle“
Zurzeit seien 83 Prozent der Anträge bearbeitet. Schuldezernentin Agnes Klein, die für die Stadt zuständig ist und den vorgeschriebenen bürokratischen Aufwand immer kritisiert hat, glaubt, dass man den Bearbeitungsstau zumindest bei den Klassenfahrten mittlerweile abgebaut habe. Das Thema Nachhilfe sei wegen der hohen Hürden des Gesetzes „eine Extrabaustelle“. Bei der Stadt sind zusätzlich zu den Jobcenter-Mitarbeitern acht weitere Menschen mit der Umsetzung des Bildungspakets betraut. Die Fälle in Mülheim oder Riehl seien bedauerliche Einzelfälle, sagt die Leiterin der städtischen Geschäftsstelle „Bildungspaket“, Silvia Blömacher. In der Regel laufe es mittlerweile reibungslos.
Die Sprecherin des Jobcenters rät dazu, sich in dringenden Fällen zu beschweren. „Dann reagieren wir sofort.“ Für die Schulen ist das ein schwacher Trost: „Wir haben acht Telefonnummern von Sachbearbeitern, aber keinen erreichen können“, sagt Jacquemot. Auch Mails habe man verschickt, als der Zahlungstermin nahte. Eine Antwort habe man nicht bekommen.
http://www.ksta.de/koeln-uebersicht/bildungspaket-lehrer-strecken-fahrtkosten-vor,16341264,16250154.html
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/05/koln-bildungspaket-lehrer-strecken.html
Bildungspaket
Lehrer strecken Fahrtkosten vor
Von Helmut Frangenberg, 23.05.12, 09:29h, aktualisiert 23.05.12, 13:13h
Wer auf staatliche Hilfe aus dem Bildungspaket hofft, muss viel Geduld haben. Allein der Antrag auf Zuschüsse für eine Klassenfahrt hat zwölf Seiten. Wartezeiten über sechs Monaten sind üblich. Deshalb strecken oft Klassenlehrer das Geld vor.
Wer Fahrkosten über das Bildungspaket beantragen will, braucht eine lange Geduldsschnur.
Tausende Anträge von Kölner Eltern auf staatliche Hilfe aus dem Bildungspaket der Bundesregierung haben offensichtlich zu einem Bearbeitungsstau geführt. Schulen und Familien müssen zum Teil monatelang auf ihr Geld warten. In einem Brief an eine Familie aus Vingst, die vor sechs Monaten Zuschüsse für die Klassenfahrt ihres Kindes beantragt hat, schreibt das zuständige Kölner Jobcenter, wie es sich den Umgang mit dem Problem vorstellt: „In vielen Fällen wurden und werden die Kosten vom Klassenlehrer vorgestreckt.“
Was das konkret bedeutet, haben drei Lehrer der achten Klassen an der Realschule in der Mülheimer Lasallestraße erlebt: 2860 Euro fehlten, als der gebuchte Centerpark in Belgien in der vergangenen Woche sein Geld haben wollte. Den Lehrern blieb nichts anderes übrig, als von heute auf morgen das Geld ranzuschaffen. „Skandalös“, findet das Schulleiter Horst Jacquemot.
„Das ist ein Riesenbürokratiemonster“
In der Gemeinschaftsgrundschule Gathestraße in Riehl fuhren im März die zweiten Schuljahre gemeinsam nach Blankenheim. Sieben Kinder hatten das Recht auf Unterstützung aus dem neuen Bildungspaket der Bundesregierung. Monatelang wartete man auf die Bewilligungen. „Kein Lehrer lässt ein Kind zu Hause“, sagt eine Lehrerin. Das würden Arbeitsagentur und Stadt, die gemeinsam das Jobcenter tragen, offensichtlich ausnutzen. „Eine Zumutung“ sei das. Und keiner wisse, wie lange er denn auf das vorgestreckte Geld warten müsse.
„Das ist ein Riesenbürokratiemonster“, sagt Schulsozialarbeiter Werner Welschoff. Auch seine Stelle an der Riehler Grundschule ist aus dem Bildungspaket finanziert worden. Eine seiner Aufgaben ist, den Familien die leistungsberechtigt sind, dabei zu helfen, die staatliche Unterstützung zu bekommen, die ihr neuerdings zusteht. „Wenn ich allen beim Ausfüllen der Anträge helfe, komme ich zu nichts anderem mehr.“ Eigentlich müsste ein Sozialarbeiter doch andere Aufgaben erledigen, „als sich ins Büro zu setzen“. Die Grundidee des Bildungspakets sei toll, die Umsetzung nicht.
Allein der Antrag auf Zuschüsse für die Klassenfahrt habe zwölf Seiten. Gerade bildungsferne Eltern, für die die Hilfen gedacht sind, können diese bürokratische Hürde kaum alleine nehmen. Doch auch die Sachbearbeiter des Jobcenters, die diese Anträge dann bearbeiten müssen, sind offensichtlich überfordert. Der Aufwand ist für die rund 20 Mitarbeiter, die dafür beschäftigt wurden, wohl zu groß – sie mussten bislang 35 000 Anträge bearbeiten.
Rückstau der Anträge
Noch schlimmer als bei den Klassenfahrten sei der Umgang mit Anträgen auf Zuschüsse für einen Nachhilfeunterricht. Hier hat sich die Bundesregierung als Bedingung ausgedacht, dass die Kinder versetzungsgefährdet sein müssen, um Zuschüsse bekommen zu können – ein Anachronismus in Zeiten, wo überall über das Abschaffen des Sitzenbleibens diskutiert wird und einige Schulen dies bereits umsetzen. Ausschlaggebend für die Bewilligung sind Fünfen auf den Halbjahreszeugnissen der Kinder. „Wenn man dann aber ein halbes Jahr auf die Bewilligung warten muss, ist das Schuljahr zu Ende“, sagt Jacquemot. Über die mögliche Versetzung ist längst entschieden, nachträgliche Nachhilfe nützt wenig.
Das Jobcenter räumt den Rückstau der Anträge ein. „Das liegt an der hohen Zahl der Anträge“, sagt Sprecherin Silke Martmann-Sprenger. Die Begründung überrascht ein wenig, wenn man bedenkt, dass alle staatlichen Stellen von der Bundesregierung bis zur Stadt monatelang die schleppende Verbreitung des Angebots beklagten und auch jetzt noch längst nicht alle die Zuschüsse abrufen, die ihnen zustünden.
Nachhilfe wegen hoher Hürden „Extrabaustelle“
Zurzeit seien 83 Prozent der Anträge bearbeitet. Schuldezernentin Agnes Klein, die für die Stadt zuständig ist und den vorgeschriebenen bürokratischen Aufwand immer kritisiert hat, glaubt, dass man den Bearbeitungsstau zumindest bei den Klassenfahrten mittlerweile abgebaut habe. Das Thema Nachhilfe sei wegen der hohen Hürden des Gesetzes „eine Extrabaustelle“. Bei der Stadt sind zusätzlich zu den Jobcenter-Mitarbeitern acht weitere Menschen mit der Umsetzung des Bildungspakets betraut. Die Fälle in Mülheim oder Riehl seien bedauerliche Einzelfälle, sagt die Leiterin der städtischen Geschäftsstelle „Bildungspaket“, Silvia Blömacher. In der Regel laufe es mittlerweile reibungslos.
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http://www.ksta.de/koeln-uebersicht/bildungspaket-lehrer-strecken-fahrtkosten-vor,16341264,16250154.html
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