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Jobcenter treibt für Schuldentilgung bei minderjährigen Kindern Geld ein - Schutz von Kindern vor Behördenwillkür
Am Dienstag beschäftigt
sich der Sozialausschuss mit zwei Anträgen der Grünen, die Kinder vor
Schuldeneintreibungen und Tilgungen durch das Lübecker Jobcenter
schützen sollen. Aber auch Mahnschreiben an Kinder, in denen
Zwangsmaßnahmen angekündigt werden, wollen die Grünen abschaffen.
Wir
veröffentlichen die Mitteilung von Rolf Klinkel, Fraktionsvize der
Grünen und sozizalpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Wortlaut:
(")Mit einem solchen
Schreiben jagte die Arbeitsbehörde einem achtjährigen Jungen und dessen
Mutter Angst und Schrecken ein", berichtet Rolf Klinkel, Fraktionsvize
der Grünen. "Darin wurde der kleine Julian von der ARGE aufgefordert,
innerhalb einer Woche 2.163 Euro an das Lübecker Jobcenter zu zahlen. Am
1. November kassierte das Arbeitsamt für Schuldentilgungen dann
tatsächlich 75 Euro von den mageren Hartz IV Leistungen des Schülers.
Die Sozialbehörde bestimmte sogar, dass diese Kürzungen ein halbes Jahr
lang dauern sollen. Während dieser Zeit wird der Achtjährige gezwungen
mit 176 Euro im Monat ein menschenunwürdiges erbärmliches Leben zu
fristen.
Ich bin entsetzt, dass
eine soziale Behörde für Schuldentilgungen Kindern Geld wegnimmt und
einem achtjährigen Jungen damit die wirtschaftliche Existenzgrundlage
für ein menschenwürdiges Leben entzieht. Für mich ist es unverständlich,
dass das Jobcenter überhaupt Schulden bei Kindern eintreibt. Das ist
verboten!
Denn schon im letzten
Jahrhundert hat das Bundesverfassungsgericht Pfändungen bei Kindern und
Jugendlichen untersagt und bestimmt:
Minderjährige müssen
keine Schulden zurückzahlen! Danach darf niemand (auch nicht das
Jobcenter) bei Kindern und Jugendlichen Schulden eintreiben, tilgen oder
ihnen Mahnungen schicken.
Als ich von der Kürzung
erfuhr, setzte ich mich erfolgreich für die Aufhebung der Pfändung der
Sozialleistungen des Schülers und für die Auszahlung der dafür
einbehaltenen Unterstützungsleistungen ein. Nach meiner Meinung handelt
es sich hier aber nicht um einen Einzellfall sondern um die Spitze eines
Eisbergs.
So wird für illegale
Schuldentilgungen ein zehnjähriges Mädchen zur Kasse gebeten und muss
monatlich auf zehn Euro verzichten. Dies hat eine Rechtsvertreterin der
Arge in einem außergerichtlichen Vergleich durchgesetzt. Für die
Zustimmung wurde die Mutter erheblich unter Druck gesetzt. Ich finde es
erbärmlich, dass die Prozessbevollmächtigte einer sozialen
Arbeitsbehörde Kinder nicht vor illegalen Schuldentilgungen schützt und
stattdessen ein zehnjähriges Mädchen dazu zwingt, einen Teil ihrer
unzureichenden Hartz IV Leistungen beim Jobcenter abzuliefern.
Anmerkung vom Sozialberater D. Brock:
Gängige Praxis der Jobcenter ist es, Rückforderungsbescheide gegen jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu erlassen.
Dies trifft
auch die minderjährigen Kinder des Hilfeempfängers. Um zu verhindern,
dass der Minderjährige mit Schulden in die Volljährigkeit geht, ist per
Gesetz die Einrede nach §1629a BGB möglich.
Damit beschränkt sich die Haftung des Minderjährigen auf das Vermögen, dass er mit Eintritt in die Volljährigkeit hat.
In der
Praxis hat sich die Einrede gegenüber dem Jobcenter bewährt. Als
Arbeitshilfe sind eine Musterformulierung, sowie der Antworttext des
Jobcenter angefügt.
Musterformulierung der Einrede:
Für die
finanziellen Folgen, die Minderjährigen über die Vertretungsregelung für
Bedarfsgemeinschaften im SGB 2 aufgebürdet werden, gilt die Vorschrift
im BGB über die Beschränkung der Minderjährigenhaftung entsprechend
(vgl. BSG, Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 153/10 R).
§ 1629a BGB ist
auch im Rahmen der Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II entsprechend anwendbar , und zwar
bereits im Erstattungs- und nicht erst im Vollstreckungsverfahren. Dem
steht auch § 1629a Abs 2 Alt 2 BGB nicht entgegen.
In seinem Beschluss vom
13.5.1986 (1 BvR 1542/84 - BVerfGE 72, 155 = NJW 1986, 1859) hat das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ua ausgeführt:
Das als Schutzgut des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1
Grundgesetz (GG) anerkannte Recht auf Selbstbestimmung wird berührt,
wenn Eltern ihre minderjährigen Kinder kraft der ihnen zustehenden
gesetzlichen Vertretungsmacht (§ 1629 Abs 1 BGB) finanziell verpflichten
können.
Hierdurch können in
erheblichem Maße die Grundbedingungen freier Entfaltung und Entwicklung
und damit nicht nur einzelne Ausformungen allgemeiner Handlungsfreiheit,
sondern die engere persönliche Lebenssphäre junger Menschen betroffen
werden. Es ist verfassungsrechtlich noch hinnehmbar, wenn sich die
Haftung des Minderjährigen bei einem ererbten und fortgeführten
Handelsgeschäft auf das im Wege der Erbfolge erworbene Vermögen
beschränkt.
Nichts anderes kann für
die finanziellen Folgen gelten, die Minderjährigen als Mitglieder einer
Bedarfsgemeinschaft über die Vertretungsregelung für
Bedarfsgemeinschaften nach § 38 SGB II aufgebürdet werden.
Der Gesetzgeber ist der
vom BVerfG in dem Beschluss vom 13.5.1986 formulierten Aufforderung, in
Wahrnehmung seiner Wächteramtes (Art 6 Abs 2 Satz 2 GG) Regelungen zu
treffen, die verhindern, dass der volljährig Gewordene nicht mehr als
nur eine scheinbare Freiheit erreicht, nachgekommen und hat durch das
Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz vom 25.8.1998 (<MHbeG>
BGBl I 2487) § 1629a BGB geschaffen.
Danach ist die Haftung
des ehemaligen Minderjährigen und nun volljährig Gewordenen für
Verbindlichkeiten, die Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht mit
Wirkung für den Minderjährigen begründet haben, beschränkt auf den
Bestand des Vermögens des Minderjährigen bei Eintritt der
Volljährigkeit.
Diese in Ausführung der
verfassungsrechtlichen Vorgaben erfolgte gesetzgeberische Entscheidung
gilt mangels anderer Anhaltspunkte für die "Minderjährigenhaftung" im
SGB II entsprechend.
Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung
zur Neufassung des § 34a SGB II Ersatzansprüche für rechtswidrig
erhaltene Leistungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen
und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom
24.3.2011 (BGBl I 453 - RBEG), in der ausgeführt wird:
"Die Regelung des neuen §
34a trägt damit dem praktischen Bedürfnis nach Inanspruchnahme des
Verursachers Rechnung, da insbesondere bei Leistungsgewährung an
minderjährige Kinder auch ein Anspruch gegenüber den gesetzlichen
Vertretern bestehen kann. ...
Im Übrigen gilt bei
Eintritt der Volljährigkeit zugunsten der Schuldner § 1629a BGB, so dass
insoweit eine Beschränkung auf das bei Eintritt der Volljährigkeit
vorhandene Vermögen gegeben sein kann." (BT-Drucks 17/3404 S 113).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/11/vollstreckung-gegen-jobcenter-aus.html
Willi S
sich der Sozialausschuss mit zwei Anträgen der Grünen, die Kinder vor
Schuldeneintreibungen und Tilgungen durch das Lübecker Jobcenter
schützen sollen. Aber auch Mahnschreiben an Kinder, in denen
Zwangsmaßnahmen angekündigt werden, wollen die Grünen abschaffen.
Wir
veröffentlichen die Mitteilung von Rolf Klinkel, Fraktionsvize der
Grünen und sozizalpolitischer Sprecher seiner Fraktion im Wortlaut:
(")Mit einem solchen
Schreiben jagte die Arbeitsbehörde einem achtjährigen Jungen und dessen
Mutter Angst und Schrecken ein", berichtet Rolf Klinkel, Fraktionsvize
der Grünen. "Darin wurde der kleine Julian von der ARGE aufgefordert,
innerhalb einer Woche 2.163 Euro an das Lübecker Jobcenter zu zahlen. Am
1. November kassierte das Arbeitsamt für Schuldentilgungen dann
tatsächlich 75 Euro von den mageren Hartz IV Leistungen des Schülers.
Die Sozialbehörde bestimmte sogar, dass diese Kürzungen ein halbes Jahr
lang dauern sollen. Während dieser Zeit wird der Achtjährige gezwungen
mit 176 Euro im Monat ein menschenunwürdiges erbärmliches Leben zu
fristen.
Ich bin entsetzt, dass
eine soziale Behörde für Schuldentilgungen Kindern Geld wegnimmt und
einem achtjährigen Jungen damit die wirtschaftliche Existenzgrundlage
für ein menschenwürdiges Leben entzieht. Für mich ist es unverständlich,
dass das Jobcenter überhaupt Schulden bei Kindern eintreibt. Das ist
verboten!
Denn schon im letzten
Jahrhundert hat das Bundesverfassungsgericht Pfändungen bei Kindern und
Jugendlichen untersagt und bestimmt:
Minderjährige müssen
keine Schulden zurückzahlen! Danach darf niemand (auch nicht das
Jobcenter) bei Kindern und Jugendlichen Schulden eintreiben, tilgen oder
ihnen Mahnungen schicken.
Als ich von der Kürzung
erfuhr, setzte ich mich erfolgreich für die Aufhebung der Pfändung der
Sozialleistungen des Schülers und für die Auszahlung der dafür
einbehaltenen Unterstützungsleistungen ein. Nach meiner Meinung handelt
es sich hier aber nicht um einen Einzellfall sondern um die Spitze eines
Eisbergs.
So wird für illegale
Schuldentilgungen ein zehnjähriges Mädchen zur Kasse gebeten und muss
monatlich auf zehn Euro verzichten. Dies hat eine Rechtsvertreterin der
Arge in einem außergerichtlichen Vergleich durchgesetzt. Für die
Zustimmung wurde die Mutter erheblich unter Druck gesetzt. Ich finde es
erbärmlich, dass die Prozessbevollmächtigte einer sozialen
Arbeitsbehörde Kinder nicht vor illegalen Schuldentilgungen schützt und
stattdessen ein zehnjähriges Mädchen dazu zwingt, einen Teil ihrer
unzureichenden Hartz IV Leistungen beim Jobcenter abzuliefern.
Anmerkung vom Sozialberater D. Brock:
Gängige Praxis der Jobcenter ist es, Rückforderungsbescheide gegen jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu erlassen.
Dies trifft
auch die minderjährigen Kinder des Hilfeempfängers. Um zu verhindern,
dass der Minderjährige mit Schulden in die Volljährigkeit geht, ist per
Gesetz die Einrede nach §1629a BGB möglich.
Damit beschränkt sich die Haftung des Minderjährigen auf das Vermögen, dass er mit Eintritt in die Volljährigkeit hat.
In der
Praxis hat sich die Einrede gegenüber dem Jobcenter bewährt. Als
Arbeitshilfe sind eine Musterformulierung, sowie der Antworttext des
Jobcenter angefügt.
Musterformulierung der Einrede:
Für die
finanziellen Folgen, die Minderjährigen über die Vertretungsregelung für
Bedarfsgemeinschaften im SGB 2 aufgebürdet werden, gilt die Vorschrift
im BGB über die Beschränkung der Minderjährigenhaftung entsprechend
(vgl. BSG, Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 153/10 R).
§ 1629a BGB ist
auch im Rahmen der Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II entsprechend anwendbar , und zwar
bereits im Erstattungs- und nicht erst im Vollstreckungsverfahren. Dem
steht auch § 1629a Abs 2 Alt 2 BGB nicht entgegen.
In seinem Beschluss vom
13.5.1986 (1 BvR 1542/84 - BVerfGE 72, 155 = NJW 1986, 1859) hat das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ua ausgeführt:
Das als Schutzgut des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1
Grundgesetz (GG) anerkannte Recht auf Selbstbestimmung wird berührt,
wenn Eltern ihre minderjährigen Kinder kraft der ihnen zustehenden
gesetzlichen Vertretungsmacht (§ 1629 Abs 1 BGB) finanziell verpflichten
können.
Hierdurch können in
erheblichem Maße die Grundbedingungen freier Entfaltung und Entwicklung
und damit nicht nur einzelne Ausformungen allgemeiner Handlungsfreiheit,
sondern die engere persönliche Lebenssphäre junger Menschen betroffen
werden. Es ist verfassungsrechtlich noch hinnehmbar, wenn sich die
Haftung des Minderjährigen bei einem ererbten und fortgeführten
Handelsgeschäft auf das im Wege der Erbfolge erworbene Vermögen
beschränkt.
Nichts anderes kann für
die finanziellen Folgen gelten, die Minderjährigen als Mitglieder einer
Bedarfsgemeinschaft über die Vertretungsregelung für
Bedarfsgemeinschaften nach § 38 SGB II aufgebürdet werden.
Der Gesetzgeber ist der
vom BVerfG in dem Beschluss vom 13.5.1986 formulierten Aufforderung, in
Wahrnehmung seiner Wächteramtes (Art 6 Abs 2 Satz 2 GG) Regelungen zu
treffen, die verhindern, dass der volljährig Gewordene nicht mehr als
nur eine scheinbare Freiheit erreicht, nachgekommen und hat durch das
Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetz vom 25.8.1998 (<MHbeG>
BGBl I 2487) § 1629a BGB geschaffen.
Danach ist die Haftung
des ehemaligen Minderjährigen und nun volljährig Gewordenen für
Verbindlichkeiten, die Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht mit
Wirkung für den Minderjährigen begründet haben, beschränkt auf den
Bestand des Vermögens des Minderjährigen bei Eintritt der
Volljährigkeit.
Diese in Ausführung der
verfassungsrechtlichen Vorgaben erfolgte gesetzgeberische Entscheidung
gilt mangels anderer Anhaltspunkte für die "Minderjährigenhaftung" im
SGB II entsprechend.
Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung
zur Neufassung des § 34a SGB II Ersatzansprüche für rechtswidrig
erhaltene Leistungen durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen
und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom
24.3.2011 (BGBl I 453 - RBEG), in der ausgeführt wird:
"Die Regelung des neuen §
34a trägt damit dem praktischen Bedürfnis nach Inanspruchnahme des
Verursachers Rechnung, da insbesondere bei Leistungsgewährung an
minderjährige Kinder auch ein Anspruch gegenüber den gesetzlichen
Vertretern bestehen kann. ...
Im Übrigen gilt bei
Eintritt der Volljährigkeit zugunsten der Schuldner § 1629a BGB, so dass
insoweit eine Beschränkung auf das bei Eintritt der Volljährigkeit
vorhandene Vermögen gegeben sein kann." (BT-Drucks 17/3404 S 113).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/11/vollstreckung-gegen-jobcenter-aus.html
Willi S
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