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KEA-Nachrichten: Brauchen wir einen sozialen Arbeitsmarkt? Und wenn ja, wer?
8. Dezember 2012 - kea19
Soziale Politik in NRW? Brauchen wir einen sozialen
Arbeitsmarkt?
Arbeitsmarkt?
Mit diesen Fragen beschäftigte sich eine Veranstaltung des kath. Bildungswerks
Köln und des Caritasverbands der Stadt Köln am 21.11.2012 im Kölner Dom-Forum.
Ein KEA war dabei und … interpretiert.
von Reiner Willms
Teilnehmer: Alle etablierten Parteien, das eingeladene Mitglied der
Piratenpartei hatte abgesagt. Natürlich wurde, wie immer bei derlei
Veranstaltungen, auch nicht ein unmittelbar Betroffener zu dieser Veranstaltung
als teilnehmender Diskutant geladen.
Worum ging es in dieser Diskussion? In einer kurzen Zusammenfassung
wurde der im NRW-Landtag vorliegende Gesetzentwurf von einem in der Hierarchie
der Caritas angesiedeltem Mitarbeiter eine kurze Zusammenfassung und
Erläuterung aus Sicht der Caritas zu dem geplanten Gesetz vorgetragen. Es
handele sich um ein Programm, in dem vornehmlich „freiwillige“
Langzeitarbeitslose in einen noch zu schaffenden sozialen Arbeitsmarkt
integriert werden sollen. Dabei wurde erläutert, dass die gesetzgebenden Organe
auch eine Erweiterung der bisherigen arbeitspolitischen Maßnahmen auch in den
bisher durch das Zusätzlichkeitsgebot verschlossenen gewerblichen
Bereich vorgesehen haben. Die weitergehenden, teilweise einschneidenden mit
diesem Gesetzentwurf einhergehenden Paradigmen wurden allerdings dabei unter
den Tisch gekehrt, doch dazu später.
Unerträglich. Es begann eine, für einen betroffenen Zuhörer, nahezu
unerträgliche Diskussion. Es wurde über die Betroffenen gesprochen, als wenn es
sich um lauter behinderte Erwerbslose handeln würde. Dazu wurde teilweise sehr
scheinheilig, wohl auch dem nahenden Wahlkampf geschuldet, ausgerechnet von den
an der damaligen Gesetzgebung der Hartz-Gesetze beteiligten Parteien, der Ausspruch
getätigt, dass man zwar an der damaligen Gesetzgebung beteiligt gewesen, jedoch
nicht stolz darauf sei … Dazu verfingen sich die Diskutanten noch in ihrer
eigenen von ihnen gesteuerten Negativ-Kampagne und sprachen in Beispielen von
den Obdachlosen in der Stadt Köln und blendeten dabei aus, dass diese nur einen
geringen Prozentsatz in der Statistik der Erwerbslosen ausmachen. Ferner
konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, Politiker seien weit entfernt von
jeglichem Bezug zur tatsächlichen Realität des Arbeitsmarktes. Hier fiel vor
allem die völlig absurde Darstellung eines langzeiterwerbslosen Bäckers auf,
der mit einem Zuschuss von 75% zum Lohn wieder in den Arbeitsprozess in einer
Bäckerei eingegliedert werden sollte. Abgesehen davon, dass dieses
Beispiel völlig ungeeignet ist, weil die Problematik speziell im Backgewerbe
völlig anderer Art ist, wurde dem Erwerbslosen unterstellt, er müsse erst
wieder an den Arbeitsprozess gewöhnt werden.
Sozial behindert? Vielleicht unbeabsichtigt, jedoch vom aufmerksamen Zuhörer
sofort bemerkt, wurde dann von einem Diskutanten an die unrühmliche
Gesetzgebung in den Niederlanden erinnert. Nun sprach man von psychologischen
Gutachten, Leistungsbewertungen und Nachweisen sowie insgesamt von der
sogenannten Leistungsminderung der betroffenen Erwerbslosen. Die einzige in der
Diskussionsrunde positiv herausragende Politikerin – muss man sagen, wie es ist
-, Dr. Carolin Butterwegge (Linke), sprach sich entschieden gegen die damit
einhergehende weitere Stigmatisierung der Erwerbslosen aus.
Fazit der Veranstaltung: Ein sozialer Arbeitsmarkt in dieser Form geht
völlig an der Problematik vorbei und wird nur wieder Mitnahmeeffekte
interessierter Arbeitgeber auslösen. Dieses wieder einmal mit heißer Nadel
gestrickte Machwerk wird an der eigentlichen Situation bzw. dem Problem nichts
ändern, sondern im Gegenteil wieder einmal mehr Steuergelder verbrennen und in
den Taschen gieriger sogenannter Maßnahmeträger und Unternehmen verschwinden,
ohne einen nennenswerten Effekt auf dem Arbeitsmarkt auszulösen. Die
eigentliche Ursache, dass die heutige Arbeitswelt nicht mehr genügend
Arbeitsplätze für alle schaffen kann, wurde wieder einmal unter den Teppich
gekehrt.
Es wäre also an der Zeit, den Begriff einer solidarischen Gesellschaft – an
Stelle eines ‘sozialen Arbeitsmarktes’ - neu zu diskutieren. Statt
dessen geht es immer wieder um eine Art Besitzstandswahrung, dass alles so
bleibt, wie es ist, nur eben ein wenig - Achtung, jetzt kommt es: - evaluiert.
Die Institutionen Caritas, Diakonie und andere beschäftigen sich mit “den
Armen” und “die Armen” wiederum mit sich selbst. Und die Reichen, die
Vermögenden? Die beschäftigen sich damit, dass alles hübsch so bleibt, wie’s
ist.
Reiner Willms
Quelle: Brauchen wir einen sozialen
Arbeitsmarkt? Und wenn ja, wer? « KEA-Nachrichten
http://sozialrechtsexperte.blogspot.de/2012/12/kea-nachrichten-brauchen-wir-einen.html
Willi S
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